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Die DDR-Schulzeit hielt nach dem Abitur noch ein ganz besonderes Highlight bereit: Einige Wochen galt es, in einem
sogenannten Lager für Arbeit und Erholung auszuharren, galt es Gräben auszuheben oder irgendwelche Hilfsarbeiten in der sozialistischen Landwirtschaft
zu absolvieren. Für unsere Schule waren da im Jahr 1977 in Boltenhagen die Doppelstockbetten bereitet. Der Ort in der Nähe von Greifswald, nicht zu verwechseln
mit dem Ostseebad Boltenhagen, bestand damals aus ein paar Häusern und eben dieser, im Sommer dann als Ferienlager genutzten Barackensiedlung,
gelegen. Dort, wo sich die Füchse gute Nacht sagen. Der Sonntag war frei, und immerhin gab es Fahrräder zu auszuleihen.
Während andere Richtung Greifswalder Bodden zum Baden fuhren, zog es mich dagegen am 19.06.1977, einem Sonntag, in Richtung Greifswald, auf den Spuren
der "Kleinbahn Greifswald-Wolgast". Kennen Sie nicht? Nun, diese Bahn in einer Spurweite von 750 mm wurde im Jahr 1898 eröffnet und erschloß den Landstrich
zwischen Greifswald und Wolgast in ziemlichen Schleifen. Im Personenverkehr nicht rentabel, im Güterverkehr so recht und schlecht, wurde sie im Jahr 1945
als Reparation abgebaut, nur der im Laufe der Zeit mit Dreischienengleis ausgebaute Abschnitt zwischen Wolgast und Kröslin blieb als Normalspurstrecke
bis zum November 1965 in Betrieb. |
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Eigentlich verlief ein in Kemmnitz abzeigender kurzer Nebenast der Strecke auch durch Boltenhagen, hier ist aber davon nichts mehr
erhalten geblieben So radle ich nach dem Frühstück los und erreiche bei Wusterhusen die ehemalige Bahntrasse. Typisch für diese Bahn, wie auch die anderen
Schmalspurstrecken im ländlichen Vorpommern waren die an den kleinen, zumeist nur aus einer Weiche mit Ladegleis bestehenden Stationen aufgestellten
Wellblechbuden. So auch hier in Wusterhusen, wo ein solches Exemplar als Hühnerstall überdauert hat. Früher könnte der hinter dem Tor befindliche Teil
als Lokschuppen gedient haben. Ja und die Telegrafenleitung sieht recht stark nach ehemaliger Eisenbahnnutzung aus..... |
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Viel ist auf dem weiteren Weg nicht mehr auszumachen, leider. Der Abbau der Bahn ist ja schon 31 Jahre her! Ja, bis nach Greifswald, dort
gibt es wieder einige Überbleibsel zu betrachten. Links im Bild einer der noch vorhandenen Blechschuppen und auf einer noch vorhandenen Freifläche
steht aein alter (allerdings Normalspur-) Wagen auf einem Gleisrest. Was wohl aus ihm geworden ist? Ein Bahnübergang führt über die Hauptstrecke Berlin-Stralsund
und ich erreiche den etwas seitlich liegenden Bahnhof Greifswald Landesbahn. Dieser wurde gemeinsam mit der schon im Jahr 1897 eröffneten Kleinbahn-Gesellschaft
Greifswald-Jarmen (GKJ) genutzt. Und wieder so ein Blech- (lok-?)schuppen, diesmal mit gemauertem Anbau. Leider hinter einem Zaun verborgen, wie auch das
alte Empfangsgebäude mit der alten Bahnhofsbezeichnung, welche auch auf dem Lokschuppen noch ewrkennbar ist. Die Züge in Richtung Wolgast mußten so die
Staatsbahnstrecke überqueren. Die Bezeichnung "Landesbahn" dürfte dagegen zum Zeitpunkt der Zusammenfassung der Schmalspurbahnen in der Region zur Landesbahndirekion
Pommern (1937/37) bzw. deren Zusammenfassung unter dem Dach der Pommerschen Landesbahnen stammen. Leider ist das eine Bild von schlechter Qualität, aber ich habe es
trotzdem hochgeladen, weil hier die reizvolle Dachgestaltung zumindest ansatzweise erkennbar ist. |
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Kurzes Innehalten am Bahnübergang: Die Schranke ist zu. Und kurze Zeit kehrt Leben in die Bilder ein, denn 03 0020 tritt nach kurzem Halt
in Greifswald an, donnernd beschleunigt sie ihren D 715 nach Leipzig. Einen Augenblick lang bin ich versucht, hier auf weitere Dampfzüge zu warten, aber ich lasse
es dann doch und radle nach Wieck-Eldena, wo ein weiterer Schuppen erkennbar ist, nebst einem über die kopfsteingepflasterte Straße führenden Gleisrest, dessen Abriß
den Besatzern und ihren Handlangern wohl zu mühsam war oder die ihn einfach vergessen haben. |
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Die letzten Relikte, allerdings der Normalspurstrecke, finden sich dann an deren Endbahnhof Kröslin. Am 25.Mai 1963 wurde hier der Personenverkehr
eingestellt, die Stillegung erfolgte dann am 01.November 1965. Elf Jahre danach gibt es noch den Güterschuppen mit Anbau zu bewundern, die Gleise davor sind allerdings
längst entfernt, wenn auch einige Schwellen bzw. deren Spuren noch auszumachen sind. Nur der Wasserkran wartet noch auf zu befüllende Dampfloks, welche sich aber nicht
mehr blicken lassen (können). Die Architektur des Gebäudes dahinter weist Gemeinsamkeiten mit der des Lokschuppen-Anbaus in Greifswald auf, siehe weiter oben.
Noch weiter strampeln? Nein! langsam schmerzen meine Beine, inzwischen bin ich wohl an die 60 Kilometer herumgefahren! So werfe ich nur noch eionen Blick in Richtung
Wolgast, registriere noch den Verkehrsträgerwechsel auf Ikarus 66 und die beim Abbau vergessene Pfeiftafel und mache mich auf den Rückweg nach Boltenhagen. |
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