Sonderzüge mit 94 1292 zu "100 Jahre Ilmenau-Gehren" am 23.05.1981



Der 23.05.1981 verspricht, ein sonniger Tag in Thüringen zu werden! Über Nacht angereist, steige ich ein wenig müde, aber erwartungsfroh in Ilmenau aus P 19037. Nein, der Rennsteig ist heute nicht mein Ziel, heute geht es zur hier abzweigenden Strecke nach Großbreitenbach, deren unterer Teil bis Gehren sein 100-jähriges Jubiläum feiert. Auch 94 1292 ist schon eingetroffen, mit Schlackenwagen!

Über das Schild an der Front der Dampflokomotive dürften Fotografen geteilter Meinung sein. Nun, nach Großbreitenbach fahren an diesem Tag eben keine Fotozüge, es soll ja eine Veranstaltung für die breite Bevölkerung werden.

Auch die grüne Girlande dürfte keine ungeteilte Begeisterung auslösen. Aber ich bin ja hier, um einen schönen und sonnigen Frühlingtag zu genießen!

Die Lok wechselt recht bald auf die Gleise des Bw, wo es noch einen Schlauch zum (Heiz-)Wassernehmen der jetzt hier verkehrenden Loks der BR 118 gibt. "Raumheizung" verkündet ein Schild am Gebäude, ob es dort Kohleöfen zu kaufen gibt?

Gerade wird das Ventil des ehemaligen Wasserkrans aufgedreht, mit diesem scheint jetzt der Wasserschlauch verbunden zu sein.

Die Reste des alten Wasserkrans, welcher lange Jahre den Steilstrecken-Dampfloks der BR 94 und noch früher den Baureihen 65 oder 38 diente, liegen im Gras.

Gut geputzt steht sie da im Licht der Morgensonne undbislang nur von wenigen Fans betrachtet. Aber das wird sich schon bald ändern....

Steigen wir doch einmal in den Kanal, um die alte Dame von unten zu betrachten! Schlüpfrig ist's da, so daß ich mich nicht weiter hinein traue, will ich doch noch mit einem Auto mitfahren....

Das morgendliche Stilleben im Bw wird keinen Bestand haben. Bald werden hier die Fans in Massen einfallen.

Eine Stunde später hat sich das Bild gewandelt. Der Zug wird an den Bahnsteig voller erwartungsfroher Menschen bereitgestellt, der Parkplatz vor dem Empfangsgebäude ist voller (Verfolgungs-) Autos. Auch ich habe jemanden gefunden, der mich mitnimmt, wieder einmal jemanden "aus dem Westen"!

Ein paar Bahnübergänge und Staus später erreichen wir den Zug wieder, eine gewaltige Dampfwolke kündet von der Abfahrt in Gehren, dem wohl wichtigsten Zwischenbahnhof der Strecke, an diesem Tag vollgestellt mit Holzwagen.

Gleich hinter Gehren beginnt der eigentliche Anstieg, in einer langen Schleife wendet sich die Strecke nach Süden, zum Thüringerwald hin. Zwar geht es nicht ganz so hoch wie weiter westlich am Bahnhof Rennsteig, aber knapp 700 Meter werden bei Neustadt-Gillersdorf immerhin auch erreicht.


Wenig Fortune haben wir bei der ersten Bergfahrt des Zuges. Erst am Endbahnhof Großbreitenbach erreichen wir ihn wieder, die Lok setzt gerade zur Talfahrt an das andere Zugende um. Erwähnenswert sind hier die großzügigen Güterverkehrsanlagen, welche von umfangreicher Industrie zeugen.

Der VEB Relaistechnik, aber auch Betriebe der Glas- und Kunststoffindustrie versenden ihre Erzeugnisse in Containern von hier aus in alle Welt.

Ein mächtiges Gewimmel herrscht vor der Rückfahrt des Zuges am Bahnsteig, aufmerksam beobachtet von der aber an diesem Tag unauffällig bleibenden Staatsgewalt.


Wir erwarten den Zug zuerst in Neustadt-Gillersdorf, am mit knapp 700 Metern höchsten Punkt der Strecke. Das Motiv enttäuscht allerdings etwas.

Na dann, auf nach Möhrenbach. Der Zug wartet schon auf uns, diesmal vor einer DDR-Fahne.

Der Halt des Zuges hier, wie auch alle weiteren, lockt die Menschen an die Strecke. Ein Zeichen ihrer Verbundenheit mit der Bahn, zumal die letzte Dampflokfahrt schon einige Zeit zurückliegt.


Großer Bahnhof auch in Gehren! Nicht nur geschaut wird, nein auch diskutiert und gestikuliert! Und inzwischen ist auch der Unterricht an der Polytechnischen Oberschule beendet, zumindest bei den kleineren Schülern (Bild links).
Kurz vor 12:00 Uhr ist P 19011 nach Großbreitenbach durch und der Zug kann weiterdampfen. Leider ist die Sonne inzwischen verschwunden (Bild rechts).


Einige Zeit später erreicht der Zug schon die Stadtgrenze von Ilmenau und fährt in den Ortsteil Grenzhammer ein.

Auch Oldtimer haben sich hier zu seiner Begrüßung eingefunden, dieser war leider nicht anders ablichtbar.

Wie überall, gibt es auch hier einen Zwischenhalt des Zuges und jede Menge staunender Anwohner.


Viel Aufsehen dann auch in Ilmenau am letzten Bahnübergang: Gemächlich rollt der Zug in den Bahnhof, rechts ist schon das Gleis vom Rennsteig zu erkennen. Interessant auch das Gebäude im Hintergrund: Ein Speicher, eine Fabrik? Heute steht da nichts mehr....


Nur kurz ist die Pause, dann startet der Zug zur zweiten Runde. Hinter Langewiesen schlängelt sich das Bähnle durch bunte Frühlingswiesen auf das Ilmtal zu.

Eher gemächlich und mit gedämpfter Kraft rollt die Dampflok heran und sammelt ihre Kräfte für die erst hinter Gehren beginnende Steigung.

Hat ja ganz gut geklappt,die Treibstangen fast ganz nach unten! Wie bei Fotos von berühmten Altmeistern....


Auch die Fahrt durch Gehren verläuft erstaunlich problemlos. Schnell eine Nebenstraße den Berghang hinauf, und schon schnauft der Zug heran, im Hintergrund Gehren mit der Kirche St.Michael (Bild links).
Bullernd geht es über Möhrenbach nach Neustadt-Gillersdorf hinauf, diese Steigung ist einer 94'er würdig (Bild rechts)!


Nach dem Halt in Möhrenbach haben wir den Zug wieder ein, über den Dächern des Ortes beginnt hier die entscheidende Steigung zum Brechpunkt der Strecke.

Eine Bergstrecke! Hier fühlt die Lok sich wohl! Im ersten Wagen, an den offenen Fenstern muß sich jetzt eine Symphonie für Ohren und Augen abspielen!

Kurz vor Neustadt-Gillersdorf dann bringt die Lok den Fichtenwald zum Erzittern: Dieses Bild könnte auch vom Rennsteig stammen, oder?


Schnell ist der Zug dann die letzten abschüssigen Kilometer zum Endbahnhof Großbreitenbach gerollt. Ein begeisterter Empfang wird ihm hier geboten, als er langsam unter Zischen und Fauchen den Bahnsteig erreicht.

Kameras klicken oder surren, die Lok wird sich ihren Weg mit der Dampfpfeife freikämpfen müssen.

Und vorfahren muß die Maschine möglichst weit, denn der Zug hat eigentlich mit seinen 5 Wagen schon Überlänge.

Wer schwer arbeitet, bekommt auch viel Durst. So auch unsere Lok. Im Güterbahnhof ist die örtliche Feuerwehr angetreten, ihn zu stillen.

Während das Wasser rauschend in die Behälter rinnt, pausiert das Rangierpersonal.

"Schienenersatzverkehr" verheißt das Schild am PKW der Marke Trabant. Zu früh, Konkurrenz zur Bahnstrecke wird es erst in 10 Jahren geben, und dann auch mit anderen Autos....


Bis zum Brechpunkt bei Neustadt-Gillersdorf steigt die Strecke mäßig an, so daß hier auf der Rückfahrt nach Ilmenau nochmals ein wenig Dampf vonnöten ist, um die Bergwiesen zu durchfahren.

In einer weiten Schleife wird bald der Brechpunkt erreicht, im Hintergrund die Schornsteine von Großbreitenbach.

Schön! Auch wenn Büsche vor der Lok sind....


Langsam wird es Abend und die wunderschöne Fahrt geht nun leider unwiderbringlich zu Ende. Der letzte Bahnübergang vor dem Ilmenauer Bahnhof wird zum Abschied leicht quietschend und schurrend überquert.