Winterfahrt nach Crottendorf

Nach einer Fahrt in der warmen Jahreszeit zur reizvollen Strecke von Schlettau nach Crottendorf hatte ich mir einen zweiten Besuch im Winter fest vorgenommen. Und am 22.01.1983 war es soweit!

Um halb vier mache ich mich auf den Fußweg zum Dresdner Hbf. Schnee liegt hier im Elbtal keiner, laut dem Wetterbericht aber sollte "oberhalb von 600 Metern" eine geschlossene, wenn auch leicht tauende, Schneedecke vorhanden sein. Und Crottendorf liegt 650 Meter hoch...
Kurz nach vier Uhr verläßt P 5632 den Dresdner Hbf, der von mir ausgesuchte E5-Wagen hat aber so eine furchtbare Flachstelle, daß ich mir einen Platz zwei Wagen weiter suchen muß, um bis Flöha noch etwas schlafen zu können. Gar nicht so einfach, denn der Zug ist recht voll, Reisende aus D 373 in Richtung Westsachsen dösen hier zuhauf herum. Pünktlich um 05:34 Uhr stehe ich auf dem Bahnhof Flöha, auch hier liegt kein Schnee, nur ein kalter Westwind weht über die Bahnsteige und läßt mich frösteln. Zum Glück hat noch niemand im Jahr 1983 die "gefühlte Temperatur" erfunden.... Zum Glück steht P 18747 nach Cranzahl aber schon bereit, ein mollig warm beheizter Bghw-Wagen wird für die nächsten zwei Stunden mein rumpelndes und schaukelndes Zuhause sein, bis ich pünktlich um 07:47 Uhr auf dem Bahnsteig von Annaberg-Buchholz Süd stehe, ein wenig müde zwar, aber doch recht erwartungsfroh ob des vor mir liegenden Tages. Und Schnee liegt hier, ziemlich matschig zwar und mit Tendenz zur Schmelze, aber immerhin, es regnet nicht!

Zuerst aber erspäht mein Blick im Gbf 50 3604, welche mit Ng 64342 nach Karl-Marx-Stadt Hilbersdorf abfahrbereit steht. Schnell zur anderen Bahnhofsseite herüber, da hebt sich auch schon der Flügel des Ausfahrsignals, ein Achtungspfiff ertönt und die ersten Auspuffschläge der Lok entweichen in den grauen Himmel. Langsam und eher bedächtig ruckt die Lok mit ihrem nicht sehr schweren Zug an, bis die ganze Fuhre qietschend und knirschend durch die recht ausgeleierten Nebengleise an mir vorbeizieht, um dann hinter der Güterabfertigung zu verschwinden.

Nun heißt es, auf die Lok zu warten, wegen der ich heute eigentlich hier bin: 86 1001. Vorsichtig frage ich den Aufsichter, ob sie überhaupt heute im Einsatz ist. Beruhigende Worte:"Gegen halb zehn kommt sie aus Schlettau!" Und das tut sie auch, mit Ng 61965 rollt sie aus den Bergen ins Sehmatal herunter. 106 513 steht schon bereit, die mitgebrachten Wagen aus dem Bahnsteiggleis in den Gbf zurückzuziehen.

Was nun? Die Lok geht nun planmäßig in ihre Vormittagspause. Und ich benutze P 16652, um nach Walthersdorf zu gelangen, wo ich südlich davon im oberen Zschopautal einige schöne Winterbilder gedenke zu machen. Ab 13.00 Uhr pendelt die Lok mit einer Garnitur aus Bag-Wagen dort auf der Stichstrecke nach Crottendorf. Wenn es doch ein wenig heller werden würde!! Wird es aber nicht, so daß ich mir das freie Land zwischen Walthersdorf Hp und Crottendorf unt Bf für die nächsten Motive aussuche. Trotzdem sind die Bilder der Vorbeifahrt von P 19639 nacvh Crottendorf ob Bf nur wegen der löchrigen Schneedecke überhaupt ansehnlich geworden. Wenigstens produziert die Lok wegen der naßkalten Witterung ordentlich Dampf, als sie ihre Garnitur mit mäßiger Geschwindigkeit an mir und meinen inzwischen kalten, nassen Füßen vorbeizieht.

Vom Gegenzug gibt es dann leider nur einen Nachschuß! Schade, denn GmP 68364 nach Schlettau ist einer der interessantesten Züge auf der Strecke. Auf dem Bild verläßt er gerade quietschend und schlurfend das Unterdorf von Crottendorf in Richtung Walthersdorf, hinter der Lok einen gedeckten Vierachser mitführend. Ganz langsam geht das schummrige Licht nun schon wieder in die Dämmerung über, aber ich beschließe trotzdem, noch weiter an der Strecke auf den nächsten Zug zu warten.

Na, gerade reicht das Licht ja noch aus, als P 19643 nach kurzem Halt am Walthersdorfer Hp wieder beschleunigt, um kurz darauf an mir und dem Garten eines hier ansässigen Bürgers vorbeizudampfen. Auch einer der unzähligen Bahnübergänge wird passiert, einige davon, wie dieser, aber recht selten benutzt, wovon der jungfräuliche Schnee zeugt. Die eine sichtbare Spur ist die meiner Schuhe....

Ab jetzt sind nur noch Standbilder möglich. So laufe ich zum Abzweig-Bahnhof Walthersdorf. P 19642 hält hier zur blauen Stunde nur kurz, bevor er an der erleuchteten Bahnhofsuhr vorbei auf die "Hauptstrecke" entschwindet, um die letzten 1,3 Kilometer nach Schlettau zu überwinden. Da habe ich mich dann doch noch zu zwei bewegten Bildern hinreißen lassen....

Nun aber auf zum oberen Bf von Crottendorf! Diesen schönen sächsischen Bahnhof einmal bei Nacht zu erleben, hatte ich mir schon lange einmal vorgenommen! Und so fahre ich mit P 19645 die 5 Kilometer bis zum Endpunkt der Strecke.
Schnell hat die Dampflok hier umgesetzt und präsentiert sich etwa 10 Minuten mit dem abfahrbereiten P 19644 zurück nach Schlettau vor dem von Schwibbögen hell erleuchteten großzügigen Empfangsgebäude. Im Erzgebirge wird die weihnachtliche Dekoration erst Ende Januar wieder entfernt, so daß das warme Licht, zusätzlich vom Schnee reflektiert, Zug und Bahnhofsgelände einhüllt. Meine quietschnassen Schuhe sind vergessen!

Der Zeiger der sächsischen Bahnhofsuhr springt auf halb sechs und ich in den P 19644, welcher mich rumpelnd und von Geräuschen der einlösigen Bremsen untermalt, nach Schlettau bringt. Schnell ist die Lok umgesetzt und wartet mit dem letzten Zug des Tages nach Crottendorf, P 19647, in Höhe des Wasserhydranten auf die Abfahrtszeit. Die Reisenden am anderen Bahnsteig allerdings auf P 5696 nach Zwickau - mit Anschluß zum D 440 nach Köln.

Im linken Bild ist P 5696 gerade eingefahren, mit einem Gbs-Wagen am Schluß. Die Strecke ist nun frei für P 19647, mit dem ich ein letztes Mal nach Walthersdorf gelange. Hier wird auf P 16671, den Anschlußzug aus Schwarzenberg gewartet. So dampfen eine kurze Zeit 86 1001 und eine leider unerkannt gebliebene 110'er um die Wette, aber der Diesellokführer bedeutet mir schon, mich zu beeilen, so ich noch nach Annaberg mitfahren möchte! Und ich will, denn das ist meine letzte Verbindung zurück nach Dresden!

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