Nebeltag im Beretal

Nebeltag im Beretal

Im Oktober 1988 gab es bei der DR auf Normalspurgleisen keinen planmäßigen Dampfbetrieb mehr. Erste Entzugserscheinungen, nein - machten mir zwar nicht zu schaffen, aber sich doch ein wenig bemerkbar, zumal auch das Angebot an Dampfsonderzügen in diesem Monat fehlte. Da war doch die Harzquerbahn ein "letzter" Rettungsanker, dessen Fortdauer anläßlich der geplanten Indienststellung der "Harzkamele" damals fraglich erschien. Nach Nebelauflösung sollte am 18.10.1988 die Sonne scheinen, na, wir werden ja sehen..... Wieder einmal stehe ich am Abend des 17.10.1988 abends zusammen mit meinem auch ein wenig dampfsüchtigen Bruder auf dem Bahnsteig C des Bf Berlin-Schöneweide, wieder einmal wird der D 648 nach Magdeburg erst eine Minute vor Abfahrt bereitgestellt und wieder einmal fährt er dadurch mit 3 Minuten Verspätung ab. Ein wenig Schlaf in den Abteilwagen, dann stehen wir kurz vor 01:00 Uhr (Der DR mit ihren immer länger werdenden Fahrzeiten sei Dank!) auf dem Magdeburger Hbf. Was soll man hier nun tun? Im Nachtkiosk auf dem Gelände des ehemaligen Mittel-Empfangsgebäudes offeriert eine verschlafene Angestellte, beäugt von einigen übriggebliebenen Trunkenbolden, Wienerwürste und Kaffee. Also schnell ein wenig konsumiert und dieses Etablissement verlassen. Spazieren über die menschenleeren Bahnsteige, bald wird zum Glück auf Gleis 6 schon P 8440 nach Halberstadt bereitgestellt, mit dem wir, nach hochnotpeinlicher Kontrolle durch einen Transportpolizisten und Umstieg auf P 17432, pünktlich um 06:20 Wernigerode erreichen. P 14401 der Harzquerbahn steht schon bereit, 99 7243 kocht schon fleißig Dampf, uns in die Harzberge hinaufzuziehen.

Rumpelnd setzt sich der Zug in Bewegung, zuckelt über Westentor mit der gleichnamigen Kreuzung, Kirchstraße, Hasserode und Steinerne Renne in den Harz hinein, 99 7243 wummert inzwischen mit voller Füllung vor uns durch den Nebel und hüllt die Wagen in weißen Dampf, während ein fahler Schimmer den herannahenden Tag ankündigt. Mollig ist es im Wagen, eigentlich wollten wir ja wach bleiben..... Aber was ist das, das Wummern der Lok nebst Schaukeln der Wagen ist weg, Augen auf, wir sind in Drei Annen Hohne! Sonne sollte man an einem Oktobermorgen um 07:20 nicht erwarten, aber dieser Nebel entmutigt doch ein wenig... Fröstelnd und schläfrig stolpern wir über den Bahnhof,	fügen den unzähligen Bildern, den schon entstandenen und auch in Zukunft vom hier erforderlichen Wassernehmen noch entstehenden ein paar weitere zu, bevor wir uns wieder in den warmen Wagen zur Fahrt durch die nun bis Benneckenstein verbotene Gegend verkriechen.
	Kurz nach 08:00 Uhr der Halt in Benneckenstein. Während unser Zug die Kreuzung mit dem Gegenzug P 14402 abwarten muß, sucht der Bahnmeister? das Gespräch mit den Schwarzen. Und da kommt er auch schon, der Gegenzug, mit zwei Lokomotiven rumpelt er in das Überholgleis: 99 7236 ist Vorspann, 99 7242 habe ich als Zuglok notiert. Eigentlich wollten wir nun in Richtung Beretal wandern, aber die Aussicht auf Nässe und Nebel ist nicht so erbaulich, die Verlockung des warmen Wagens übermächtig....!
Eine knappe halbe Stunde später hat der Zug Eisfelder Talmühle erreicht. Die Lok nimmt hier erneut Wasser, während der Zug vor dem repräsentativen Empfangsgebäude auf den Zubringer von Gernrode, P 14461, wartet. So hält kurz vor 10:00 Uhr die mal als Vorserie für Einheitsloks gebaute 99 6001 daneben. Schnelles Umsteigen der wenigen Reisenden, und P 14401 fährt an und verschwindet kurz darauf im Nebel des Beretals. Und wir haben dem inneren Schweinehund diesmal nicht nachgegeben und sind hier geblieben.
	Nun wird 99 6001 aktiv. In einer Sägefahrt wechselt sie zum Wasserkran herüber und läßt das Naß in ihren Bauch rinnen. Immerhin stehen 45 Kilometer Wegstrecke mit P 14462 zurück nach Gernrode vor ihr, und 30 Kilometer sind es bis zum nächsten Wasserkran in Alexisbad. Langsam naht die Abfahrtszeit, schnell setzt sich die Lok nun an ihre drei Wagen. Gerade schaffen wir es noch zum nördlichen Bahnhofskopf, da ertönt schon der Pfiff der Aufsicht und wenig später ein durchdringender der Lok, und mit einigen kräftigen Auspuffschlägen setzt sich der Zug in Bewegung.

		Lange brauchen wir nicht zu warten, bis uns die freundliche Aufsicht Ng 67092 nach Silberhütte ankündigt. Und dann kommt er: 99 7247 und 99 7239 ziehen gemeinsam die vier E-Wagen in die Harzberge. Die Wagen sind wegen der geringeren Achslast nur zu 2/3 mit Kohle beladen und eigentlich könnten die beiden Loks auch sechs davon in die Berge ziehen. Wegen einem Wagen eine zusätzliche Lok! Ökonomie spielt hier keine Rolle. Nun, den Fotografen freut's!
Knapp zwei Stunden haben wir nun Zeit, die sechseinhalb Kilometer bis Ilfeld per Fuß zu überwinden. Und unsere klammen Glieder freuen sich! Rechtzeitig kommen wir an, um die Ein- und Ausfahrt von P 14414 nach Hasselfelde, geführt von 99 7246, auf Film zu bannen. Der Zug wird schon vom "Aufsichter" in vorbildlicher Haltung erwartet und erfreut uns wenig später mit einer Bilderbuchausfahrt.
		Dem Zug auf dem Fuß folgt ein Kleinwagen der Bahnmeisterei. Dieser muß nun am Bahnsteig die Ankunftsmeldung von P 14414 aus Eisfelder Talmühle abwarten, bevor er eilig weiterbrummt. Eine halbe Stunde später hält dann 99 7247 am Hausbahnsteig, die Lok hat in Stiege Ng 67092 verlassen, ist nach Hasselfelde gedampft, und ist nun mit Ng 67091 auf der Rückfahrt nach Nordhausen. Aber vor seiner Weiterfahrt kommt noch P 14404 entgegen, bespannt mit 99 7243 auf der Rückfahrt nach Wernigerode. Interessant: Der Neigungsanzeiger, der entsprechende Neigungswechsel ist auf dem Bild gut erkennbar. Nach Kreuzung mit dem Personenzug rollt auch der Güterzug weiter, bestehend aus einem Wagen!

Im Abstand folgt nun 99 7235 mit dem leicht verspäteten P 14403, dem Vormittagszug aus Wernigerode. "Willkommen in Ilfeld" verheißt das, leider nur angeschnittene, Begrüßungsschild, auch die vielen Mastenformen sind bemerkenswert (Bild oben rechts). Nur kurz ist die Wende der Garnitur in Nordhausen Nord, gerade haben wir es nach Niedersachswerfen geschafft, da nähert sich auch schon P 14442 nach Ilfeld. Die Trabbis auf der F 4 sind aber bestimmt schneller... Schnell nach Nordhausen-Krimderode! P 14443, die Wende aus Ilfeld zurück nach Nordhausen, hält hier nur kurz neben der eindrucksvollen Kastanienallee (unten rechts).

Langsam setzt schon wieder die Dämmerung ein, als 99 7242 mit dem dritten Zug des Tages aus Wernigerode, nach kurzem Halt in Krimderode nochmals anfährt. Auch bei diesem Wetter ist die letzte Bühne des Zuges mit einem Reisenden, einem Genießer der Bahnfahrt, besetzt. Der Herbstwind ist dabei, die letzten Relikte des vergangenen Sommers an den Bäumen zu Boden zu wehen, auf das sie wieder zu Dünger für das nächste Jahr werden.
Nun ist Platz für den Güterverkehr. Bei Nordhausen-Krimderode erwischen wir die mit Ng 67093 von Silberhütte zurückkehrende 99 7239. Bergab hat sie 6 Güterwagen, teilweise beladen mit Holz aus der Rinkemühle, am Zughaken. Die Zeit bis zum nächsten Güterzug nutzen wir, um zurück nach Niedersachswerfen zu gelangen. Dort gelingen noch zwei Bilder vom Gegenzug nach Silberhütte, von 99 7247 mit Ng 67094.

		Es wird nun zunehmend dunkler. Nur kurz müssen wir auf P 14408 zurück nach Wernigerode warten. 99 7242 bringt uns über den Harz, nicht ohne in Eisfelder Talmühle nochmals ordentlich Wasser genommen zu haben. Dabei entstanden noch die beiden, hier nur der Vollständigkeit halber erwähnten Bilder. Wir haben uns in der Kaufhalle von Krimderode mit einer Packung Wiener und einigen Schrippen eingedeckt, welche wir nun während der Fahrt durch die Harzberge verzehren, während draußen die dunklen Fichtenwälder, nur selten von Lichtern unterbrochen, vorüberziehen.