Ziemlich früh heißt es, am 14.06.1989 das Hotelbett zu verlassen, denn wir haben vor, mit dem Vormittagszug von Siclau nach Comandau zu fahren.
Zum Glück ist es ja Sommer und schon hell, so daß wir uns trotz der mangelhaften Beleuchtung mit etwas schwerem Kopf
nach dem ausgiebigen Essen (und Trinken) vom Vortag für den bestimmt wieder anstrengend werdenden Tag in den Karpaten fertig machen.
Außerdem wollen wir versuchen, dort oben eine Übernachtung zu finden, was bedeutet, ein paar mehr Sachen mitzunehmen. Die gähnende Leere im
Frühstücksraum schockt uns nicht mehr, auf der Wanderung durch das morgendliche Feental finden wir einen Bäcker und somit auch ein wunderbar
frisches, duftendes Brot. Frühstücksrast auf einer Bank, mit Appetit wird wieder der Inhalt von Wurst- oder Käsedosen vertilgt. Als wir den
unteren Bahnhof von Siclau erreichen, lugt die Sonne gerade über den Berghang, ein schweißtreibender Aufstieg entlang der Standseilbahn
schließt sich an. Gegen 08:30 Uhr stehen wir dann im oberen Bahnhof an der Standseilbahn, der Zug ist noch nicht da!
In der Bahnhofsausfahrt findet sich noch eine kleine, nur für Draisinen geeignete Drehscheibe. Geheimnisvoll verschwindet das Gleis
dahinter in Richtung Comandau im Dunkel des Waldes, von dort muß der Zug irgendwann kommen! Aber wohin soll er einfahren? Der Arbeitsvorrat
für die Talfahrt ist beträchtlich, der Vorrat an leeren Trucks zum Verbringen nach Comandau (ganz links) sehr klein! Na, da müssen sich die Leute
von der Standseilbahn aber noch anstrengen!
Aber noch passiert nichts. Das Gebäude der Standseilbahn liegt still in der langsam hinter Schleierwolken verschwindenden
Morgensonne, nur ein einzelner Arbeiter blickt neugierig herüber (links). Eindrucksvoll anzuschauen sind auch von dieser Seite die auf Talfahrt
wartenden Trucks. Eine Kabelrolle mit dem Ersatz-Führungsseil für die Standseilbahn und ein Wassertankwagen vervollständigen das Ambiente. Und, wenn Sie sich
den verblichenen Stern am Dienstgebäude der Bahn genau betrachten, so fallen Ihnen bestimmt die beiden kleinen Verzierungen oberhalb auf.....
Aber da bringt der Hafermotor von der Transportbühne einen leeren Truck heran. Er läuft auf der Seite mit den geringeren Spuren der Hufe,
bei Leerwagen müssen sich die Pferde eben nicht so stark anstrengen. Sofort wird nun ein beladener Truck angefaßt und in Richtung Standseilbahn gezogen.
Mit Schwung rollt er nach Ausklinken des Pferdes bis auf die Bühne, wenn der Bremser (oder die Bremse?) versagt, dann.... Erstaunlich, aber die hundertjährige
Bahn arbeitet ziemlich unfallfrei. Erstaunlich ist auch: Die Verteilerweiche kurz vor dem Standseilbahngebäude wird offenbar durch Auffahren in die richtige Stellung
gebracht. Zuerst kommt ja immer der Leerwagen und stellt die Weiche zum Spitzbefahren durch einen beladenen Wagen um!
Da wartet der Truck auf die Talfahrt, bald wird der Maschinist auf ein die Bereitschaft zur Abfahrt von unten anzeigenden
Klingelzeichen die Seilbremse vorsichtig lösen, woraufhin die Bühne fast lautlos, nur ein wenig rumpelnd, im Dunkel des Waldes verschwindet.
Das Pferd hat jetzt Pause und mampft in der Box seine Futtermischung aus Heu und Hafer. Wir schauen noch kurz zum Maschinenraum hinüber,
trauen uns aber nicht hinein (links unten).
Da taucht auch schon die Gegenbühne aus dem Wald auf! Und wir hören den Pfiff einer Dampflok und eilen zur Bahnhofseinfahrt,
wo allerdings außer heranwaberndem Dampfes noch nichts zu sehen ist. Irgendwo dahinten im Wald wartet der Zug auf Einfahrt!
Zuerst kommt die Lok: 764 379 rollt in den Bahnhof, um erst einmal zu schauen, ob ein Einfahrgleis frei ist! Später, nach einem
Schwatz mit dem Bergbahnpersonal, macht sie Platz für die Zugeinfahrt. Ein Pfiff in Richtung Wald, und der Dienstwagen rollt herein!
Ein weiterer Pfiff der Lok gellt und im Wald hebt langsam ein Rumpeln an, wird langsam stärker, bis die Schlange der beladenen
Trucks schwankend in das vorgesehene Gleis rollt. Ein kurzes Aufdrücken des Wagenzuges, um das Entkuppeln zu erleichtern, dann schnappt sich die Maschine
den Packwagen und setzt sich an die leeren Trucks zur Rückfahrt. Nun hat man es eilig, Geschäftigkeit erfüllte den Bahnhof, letzte Vorbereitungen
zur Abfahrt! Und wir dürfen aufsteigen, als die Bremser nach Aufforderung ihre Arbeit verrichten und sich der Zug in Bewegung setzt, um im Dickicht
gen Comandau zu verschwinden. Hier gibt es noch mehr Bilder von Siclau:
Etwa eine Stunde dauert die Fahrt nach Comandau, so recht trauen wir uns nicht, Bilder zu machen, da überall auf den Trucks Beerensammler, Jäger und
Personen ohne erkennbare Bestimmung sitzen.
Comandau ist erreicht. Schnell rangiert die Lok vom Zug, um in Richtung Schuppen zum Restaurieren zu verschwinden, vorbei an den interessiert zuschauenden
Einheimischen. Wer von den Jungen dort am Bahnhofsgebäude will wohl in diesem Augenblick nicht Lokführer werden? Na, dann hinterher zum Lokschuppen! Da: Zwei Polizisten versperren
den Weg, fordern uns mit Gesten auf, mitzukommen. Ein paar Häuser weiter: die Polizei- (oder Securitate-?)Station. Scheiße!
Erst einmal passiert - nichts. Wir sitzen alleine in einem kahlen Raum. Dann kommen die beiden wieder, fordern den "Passport". Der kleine blaue Ausweis
mit der obligatorischen Reiseanlage wird ausgiebig geprüft, uns danach aber nicht wiedergegeben. Stattdessen Taschenkontrolle! Wurstbüchsen, Brot, Schokolade und einige Päckchen
"Rondo"-Kaffee. Ein dritter, ein Zivilist kommt herzu, der spricht etwas deutsch: Was wir hier wollen, für wen Kaffee und Schokolade seien, wo wir hier schlafen wollen. Das letztere ist
wahrlich eine interessante Frage! Heute fährt kein Zug und kein Bus mehr nach Covasna! Alle verschwinden. Wieder ewige Warterei, vom Bahnhof her pfeift die Dampflok und fährt irgendwohin aus.
Wir wollen hier nicht versauern oder gleich wieder nach Covasna abgeschoben werden! Als die drei wiederkommen, appellieren wir: "Unsere Völker sind doch Brüder und Ceausescu und
Honecker sind Freunde!" Und wir überreichen denen ein bißchen Schokolade und vor allen Dingen zwei Päckchen "Rondo". Fürchterlich schmierig, oder? Aber es hilft, die drei
Typen schauen sich unsicher an und verschwinden, woraufhin bald Kaffeeduft durch das Gebäude zieht. Und der Zivilist kommt wieder, gibt uns die Ausweise zurück und geleitet uns zum "Jagdhaus",
einer recht großen Villa am Ortsrand. Ein riesiger Schlüssel öffnet einen langen Flur, unter einer Unzahl von Geweihen und ausgestopften Tieren hindurch geleitet er uns in ein Zimmer mit zwei
gemachten Betten. Hier sollen wir schlafen! Und morgen Mittag um 14:00 Uhr fährt ein Bus nach Covasna! Das klingt wie ein Befehl und ist wohl auch so gemeint. Damit verschwindet er, die
Tür fällt krachend ins Schloß. Den riesigen Schlüssel hat er dagelassen.....
Das sieht ja nun so aus, als hätte man uns bis morgen Mittag einen Freibrief zum Fotografieren erteilt! Na, dann los, um die Übernachtung können wir uns noch später
kümmern! Auf dem Bahnhof herrscht Ruhe, nur ein Schienen-LKW steht mitten auf dem Bahnübergang, bereit zur Fahrt ins Tal der Kleinen Bosca. In Lokschuppennähe dann noch ein Schad-LKW,
offenbar mit gebrochener Achse. Vielleicht ist er ja mit eingeschalteter Rundumleuchte zu schnell gefahren?! Und vor dem Lokschuppen pausiert die Wolga-Draisine. Zurück zum Bahnhofsgebäude,
herausfinden, wohin der Zug denn nun gefahren ist. Der anwesende Mitarbeiter zeigt in Richtung Ghiula, das Tal der Großen Bosca hinab. Na, dann laufen wir ihm doch entgegen!
Ein letzter Blick zurück auf den Südkopf des Bahnhofs, dann laufen wir in das Tal hinein. Immer leicht bergab geht es,
noch eine ganze Weile begleiten uns links und rechts die immer weiter auseinanderliegenden Gehöfte des Ortes, dessen Ende eine große Fichte markiert.
Ganz auf der Talsohle verläuft die Strecke aber immer noch nicht, die moorigen Wiesen werden am Talrand umfahren oder die Strecke verläuft auf einem
niedrigen Damm durch diese hindurch.
Bald ist ein idyllisches Plätzchen gefunden: Mitten auf der Wiese stehen wir nun, die in Gruppen herumstehenden Fichten geben den Blick auf ein längeres Streckenstück frei,
dahinter warten locker bewaldete Berghänge darauf, auf Film gebannt zu werden. Der Zug kann kommen! Zuerst nähert sich aber, sozusagen als Vorhut,
brummend ein Schienen-LKW. Jeder Schienenstoß scheppert unter seinen Metallrädern, er fährt erstaunlich schnell, viel schneller, als der Dampfzug später
nahen wird.
Und dann taucht sie auf, die kleine Lok. Zuerst als näherkommende Rauchwolke, später schält sich dann ein schwarzer Punkt hinter
den Fichten hervor. 764 379 hat einen richtig langen Zug an Haken, fährt mit Rauchkammer voran und es geht mäßig bergauf! Schwer arbeitet die Maschine,
der Zug am Haken ist so lang, daß er nicht in den Bildausschnitt paßt. Schwer hängt er in der S-Kurve, unter Schleudern und Sanden wird diese dann
durchquert. Nur nicht stehenbleiben, loskommen würde die Dampflok hier nicht mehr! 12 beladene Doppeltrucks und eine kleine Draisine wollen nach Comandau!
Mit schnellem Schritt schaffen wir es, dem Zug auf den Fersen zu bleiben und erreichen den Bahnhof von Comandau, als die Lok gerade
abgekuppelt wurde und nun fleißig rangiert. Man beachte auch die unorthodoxe rote Warnweste des Rangierers und die Bahnhofsbeleuchtung! Das Funktionieren
dieser konnten wir nicht herausfinden, dazu war der Sommertag zu lang. Bald darauf verschwindet die Maschine mit drei beladenen Wagen, welche noch zum
dampfbetriebenen Sägewerk verbracht werden müssen.
Dies war dann auch die letzte Arbeit der Lok an diesem Tag. Sie rückt ins Bw ein, an der (heißt das so?) Beholzungsanlage findet
die Triebwerksdurchsicht statt, auch die kleinen Maschinen sind gewissenhaft zu kontrollieren. Wir schauen uns indessen im Lokschuppen um,
unter Ruhe-Dampf wartet 764 455 auf Einsätze. Sie ist die einzige Lok auf dieser Waldbahn mit dem Eigentumszeichen der CFF an der Rauchkammertür.
Und in der Ecke steht kalt die Resita-Lok 764 405R, vorteilhafter war sie nicht aufs Bild zu bekommen.
Die Durchsicht brachte keine Schäden zu Tage! Zischend setzt sich die Lok in Bewegung und verschwindet im Lokschuppen,
den Packwagen hinter sich herziehend. Jede der eingesetzten Dampfloks hat offenbar einen ständig benutzten Packwagen, das im letzten Bild am rechten Rand
auszumachende Exemplar wird uns am nächsten Tag, zusammen mit 764 455, begleiten.
Und wir? Wir laufen langsam mit ungutem Gefühl zu der einsam und verlassen daliegenden riesigen Villa. Langsam zieht die Dämmerung
hinauf, die Hirsch- und Keilerköpfe im langen Flur beginnen gruselige Schatten zu werfen. Ein paar Lichtschalter betätigen wir, ohne Erfolg.
Nur in unserem Zimmer blakt eine 25 Watt-Birne. Am Ende des Ganges finden wir ein Bad mit Toiletten, keine Beleuchtung, aber Wasser ist da. Abendbrot:
Sitzend auf den Betten verzehren wir wieder den Inhalt von Wurstbüchsen, Brot haben wir auch noch genug. Das Leitungswasser schmeckt metallisch,
aber hinter der Villa gibt es einen Bergbach. Der wird ja sauber sein..... Später ist es vollends dunkel geworden, ein letzter Gang mit Taschenlampen
zum Bad, dann löschen wir auch die Funzel in unserem Zimmer. Da beginnt die Villa zu leben, dort knackt es, links raschelt es, irgendwo bellt ein Hund.
Waren da nicht Schritte zu vernehmen? Ratten? Einbrecher? Graf Dracula? Schnell ist das Licht wieder an, und das bleibt es auch die ganze Nacht über,
während wir angesichts des anstrengenden Tages in tiefen Schlaf fallen. Am nächsten Tag geht es weiter:
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