Nach dem war unser Appetit auf eine Dampfzugfahrt über den Holumpaß
ins Tal der kleinen Boska erst richtig angefacht worden. Könnte man da nicht wnigstens die beiden in Minicica gesichteten Holzwagen abholen? Die Verhandlungen darüber benötigten ein wenig Geduld und wir übten uns
darin den ganzen nächsten Tag und begnügten uns mit dem unteren, . Bis dann am Abend unser
ungarischer Freund mit freundlicher Miene kundtat, daß wir uns doch am nächsten Morgen in Comandau einfinden sollten, "nicht ganz ohne Geld". Dann würde alles seinen Gang gehen.
Es dämmert gerade, als wir uns am frühen Morgen des 15.Mai erneut von der unbefestigten Piste hoch nach Comandau durchschütteln lassen. Der langsam von dunklen
ins helle Blau wechselnde Himmel läßt einen strahlenden Sonnentag erhoffen und als wir auf dem Gelände der Waldbahn schließlich eintreffen, geht der helle Feuerball gerade hinter den östlich liegenden
Bergen auf. Begrüßung am Lokschuppen angesichts der schon bereitstehenden Resita-Lok 764 379, untermalt von ein paar Scheinchen, Wassernehmen, bedächtiges Mustern und Untersuchen der Maschine durch das Personal,
ja und dann trollt sie sich auch schon unter erfreulicher Dampfentwicklung in Richtung des Bahnhofs.
Der aus vier Gleisen bestehende Bahnhof der Waldbahn dient als Abstellbahnhof für beladene und leere Holztrucks, links ein Zug zum Siklo, die daneben stehenden unbeladenen sind
allerdings in der Überzahl und künden leider von der sinkenden Bedeutung der schon ihres südlichen Streckenastes beraubten Waldbahn. Ein Pfiff und man zieht zum recht repräsentativen Empfangsgebäude vor,
zugleich die Verwaltung der Waldbahn. Was auch immer da besprochen werden muß, entzieht sich unserer Kenntnis, aber die Abfahrt unseres Zuges verzögert sich noch um einen allerdings für eine Waldbahn
recht unbedeutenden Zeitraum. Aber dann heißt es, im Dienstwagen Platz zu nehmen und wir tauchen mit dem schwankenden Zügle in die frühlingshaften Karpatenwälder ein.
Höher und höher schraubt sich der Zug in Richtung des 1500 Meter hohen Holumpasses, aber nicht ohne nochmals einen Halt zur Triebwerkskontrolle einzulegen. Sicher ist sicher bei
solch einer Bergfahrt und wir finden es natürlich auch als eine gute Gelegenheit für ein paar Bilder an dieser wunderschönen Stelle mit der Brücke zur am Streckenkilometer 7 befindlichen Ladestelle
im Hintergrund.
Das untere Ende der Serpentine zum Holumpass ist erreicht. Zeit zum Anhalten für einen umfangreichen Foltohalt! Ist sie nicht schön, die Waldbahnlok mit ihrem Ensemble aus
Kessel mit Rauchkammertür, Kobelschornstein und Wasserkästen, wie sie sich so ein wenig in die Kurve legt? Ja, und dann heißt es für uns, den steilen Weg zum Holumpass zu erklimmen, um den Zug mit sich ob
der steigenden Höhe immer weiter verbesserndem Panorama auf den Film zu bannen.
Wir sind recht weit oben angekommen, ein wenig außer Atem zwar, aber noch zum ruhigen Halten der Kamera in der Lage. Heftiges Winken, die kleinen Preiser da unten verschwinden
gemächlich in Lok und Dienstwagen, ein Pfiff ertönt und das Gefährt verschwindet unter heftiger Dampfentwicklung in entgegegengesetzter Richtung im dichten Fichtenwald, um irgendwo dort drin in
einer engen Kurve die Richtung zu ändern und sich am Berghang zum Holumpass emporzuarbeiten. Sehr schwer fällt es der Resita-Lok allerdings nicht, sich und den Dienstwagen da hochzuziehen, weswegen
auch keine Dampfwolke über den Bäumen die genaue Position des Zuges verrät, es dauert wegen des schlechten Oberbaus allerdings eine ganze Weile, bis er auf der Freifläche vor unserem Fotostandpunkt
wieder auftaucht und kurz darauf anhält, um uns wieder einsteigen zu lassen.
Ein wenig flotter rollen wir nun bergab nach Benedek, dem mit einem Gleisdreieck Betriebsmittelpunkt der Strecke im Tal der kleinen Boska. Hier zweigte bis in die siebziger
Jahre die über sechzig Kilometer lange Strecke nach Nehoi auf der anderen Seite der Karpaten ab, welche Hochwasser und Staudammbau zum Opfer fiel. Vielleicht war sie auch einfach für den Waldbahnverkehr
ein wenig zu weit. Zeit für eine weitere Pause: Während das restliche Personal im Gebäude mit der Stationswärterin schwätzt, genießt der wichtigste Mann des Zuges, der Lokführer, die Zeit lieber in der Natur,
oder vielleicht auch bei der Betrachtung der verrückten Fotografen, welche da durch die nasse Wiese stolpern und seine Dampflok, mit welcher er Jahrzehnte schon fest verwachsen ist, mit glänzenden
Augen betrachten.
Irgendwann fahren wir dann doch weiter, das idyllische Tal in unsere Dampfwolken hüllend, welche sich nur langsam über die Berge verflüchtigen. Mitten durch umfangreiche Einzäunungen
für die Tierhaltung geht die Fahrt, vorbei am einer deutschen Sh 2-Scheibe ähnelnden Einfahrsignal und dabei auf einem Gleis fahrend, welches jedem Ökofreak ob seines Bewuchses Tränen der Freude in die
Augen treiben dürfte.
Nicht weit ist es nun bis Dealu Negru, dem Punkt, an dem ein etwa zwei Kilometer langes Gleis abzweigt, welches unterhalb des 1670 Meter hohen Giurgiu-Berges endet. Fotohalt!
Der Zug drückt zurück und dampft an uns vorbei bis zur Abzweigstelle. Könnte man da nicht...? Entschieden verneint der Lokführer, auch unser Hinweis, daß wir das Streckenstück vor zwei Tagen erfolgreich
mit der Wolga-Draisine erkundet haben, fruchtet nicht. Schon zu lange wurde die Verzweigung nicht mehr mit einer Dampflok befahren.
Weiter oben wartet die Ladestelle Calabuci in ihrer Abgeschiedenheit auf unseren Zug. Aber wir bringen da heute auch kein Leben herein, keine Holztrucks warten hier auf den Abtransport,
so daß unser Zügle schon nach kurzem Aufenthalt weiterdampft und sich unser Verdacht bestätigt, daß unsere Fahrt nur dazu dient, die beiden vor zwei Tagen in Manicica entdeckten Holzwagen abzuholen.
Und da stehen sie neben der Waldarbeiterunterkunft von Manicica, die beiden Holzwagen, genau so, wie wir sie auf der Draisinenfahrt zwei Tage zuvor "entdeckt" haben.
Vorsichtig nähert sich die Dampflok und kuppelt, während der mitgekommene Bremser die Funktion der beiden Handbremsen überprüft und danach die Sicherungskeile an der Talseite der Wagen entfernt,
immer unter den Augen der im von den schweren Holzverrückern erzeugten Schlamm wartenden Fotografen. Da ertönt ein Pfiff der Lok, woraufhin der Bremser die Bühne des vorderen Wagens erklettert und
die Handbremse löst, woraufhin sich der Zug langsam weiter bergauf in Bewegung setzt. Aufsteigen nicht nötig, sehr weit ist die Entfernung zur Ausweichstelle Gor nicht und bei der geringen Geschwindigkeit
fällt das Hinterherlaufen nicht schwer.
Ganz langsam schiebt die Lok die Fuhre bergauf und überquert dabei auf einer kleinen Brücke die hier oben nur noch als Bach dahinfließende kleine Boska. Immer wieder schleudern die Räder und
es muß gesandet werden, wie bei allen oberen Flußtälern zeichnet sich auch dieses durch einen zumindest für eine Waldbahn ziemlich steilen Anstieg aus.
Gor ist erreicht, der Endpunkt der Strecke, etwa 21 Kilometer von Comandau entfernt. Der Dienstwagen wird abgekuppelt und die Holzwagen über die
Weiche zum nördlichen Streckenstummel weitergeschoben. Früher soll es hier eine Verbindung zur nächsten östlich liegenden Waldbahn mittels eines Schrägaufzuges gegeben haben,
aber das Gleis endet hinter der Weiche nach einigen hundert Metern.
Wenig später hält die Lok auf dem Ausweichgleis neben dem Dienstwagen, beide Fahrzeuge stehen jetzt genau über einem Bach. Eben genau richtig zum Wassernehmen
der Dampflok. Dazu wird der mitgeführte Schlauch in den Bach gelegt und mit dem Pulsometer, einer kolbenlosen Dampfpumpe, das Wasser angesaugt. Viel Flüssigkeit fließt da nicht,
so daß der Vorgang ziemlich dauert und nur wenig erfolgreich ist. Aber ab wann reicht die aufgenommene Wassermenge zur Fahrt bis Dealu Negru, der nächsten und besseren Versorgungsmöglichkeit?
Schwer für den Lokführer, das genau abzuschätzen, während wir Eisenbahnfans das Ensemble umrunden und begeistert eine größere Anzahl Fotos von allen Seiten fertigen.
Schließlich reicht dem Lokführer die Wassermenge, der Schlauch wird wieder am Kessel befestigt und knarzend setzt sich die Maschine in Bewegung, um nach Umstellen der
Einfahrweiche durch den im Laufschritt eilenden Rangierer wieder an den Dienstwagen zu gelangen und diesen in Richtung der Holztrucks zu schieben, um so den Zug für die Rückkehr nach Comandau
zu bilden, welcher dann auch noch kurz im Bahnhof hält, um uns das Zusteigen zu ermöglichen.
Aber gemach! Auch auf der Rückfahrt wird nochmals in Manicica gehalten, während sich der Himmel immer weiter bezieht und die Helligkeit inzwischen aus den beiden Bildern verschwunden ist.
So sind auch nach neuzeitlicher Bildbearbeitung eigentlich nur die Silhouetten von Lok und Blockhütte auszumachen.
Gerade erreicht der Zug Dealu Negru, da öffnet der Himmel seine Schleusen. Blitze krachen, untermalt von sich an den Talhängen vielfach verstärkendem Donnergrollen.
Schnell schlüpfen Lokführer und Heizer zu uns in den Dienstwagen, ihre Lust, jetzt im Freien Schläuche auszurollen, hält sich arg in Grenzen. Da sitzen wir nun eng an eng auf den beiden Längsbänken,
der Rangierer holt unter den Sitzen eine Literflasche "Palinka" heraus und reicht sie herum, die Zungen lösen sich, erzählen von der Familie, von den deutschen Eisenbahnen, von lustigen und
auch tragischen Ereignissen, die in den langen Jahren des Dienstes auf der Waldbahn natürlich nicht ausbleiben. Eine wunderbare Stunde nimmt ihren Lauf, während draußen der Regen auf
das Dach des Wagens trommelt. Aber auch auf Waldbahnen muß ein wenig auf die Zeit geachtet werden. Zumal die Leuchtmittel auf der Lok ziemlich gering sind und ich mir nicht so sicher bin, ob sie überhaupt
funktionsfähig sind.
So wird, als der Regen aufhört, die Lok schnell auf die Brücke zum Wassernehmen vorgezogen, während wir durch den entstandenen Modder waten, um in der Dämmerung noch ein paar
Bilder anzufertigen. Eine Vorschrift hier besagt, daß die Loks zum Wassernehmen immer abzukuppeln sind. Vielleicht kann man ja so den recht schweren Schlauch besser ab- und aufwickeln?
Viel passiert nun nicht mehr. Der Palinka mit unbekannter Oktanzahl hat uns müde gemacht, außerdem zieht langsam die Dämmerung herauf. So reicht die Energie nur noch für zwei Bilder
aus Benedek, als die Zugleiterin gerade darauf wartet, den Erlaubnisstab zur Weiterfahrt über den Holumpass an den Lokführer zu übergeben, garniert mit einem kurzen Gespräch. Die Zeiten einer Vielzahl
von Zügen sind schon lange vorbei, so daß das Leben hier ziemlich einsam geworden ist und man sich über jeden Kontakt freut.
Weiterfahrt! Schnell übermannt uns der Schlaf und es ist schon ziemlich dunkel, als wir in Comandau eintreffen. Der restliche Palinke wird noch verteilt und dann erfordert nach
einer freundlichen Verabschiedung wieder die unbefestigte Straße nach Covasna unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Aber wir werden noch einmal nach Comandau zurückkehren. Ein interessanter Tag liegt hinter uns,
wenn auch nicht ganz so ereignisreich wie der auf derselben Strecke ein reichliches Jahr später:
Oder Sie schauen sich noch den vierten und letzten Tag im Jahr 1991 auf dieser Waldbahn an, ? Möchten Sie die Bilder noch einmal als Slideshow vorbeiziehen lassen (FlashPlayer erforderlich): Hier klicken! Alle 60 Bilder habe ich insgesamt in das Bildarchiv hochgeladen, welche zum privaten Gebrauch
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