Herbst im Moseltal

Wenige Minuten später rollt auch schon IC 431 nach Emden, gezogen von der Mehrsystemlok 181 218, zum kurzen Halt in den Bahnhof, vorbei am markanten Empfangsgebäude, bevor er schnell wieder im Nebel verschwindet. Die Moselstrecke ist nach Beginn des TGV/ICE-Verkehrs über Straßburg/Saarbrücken das letzte Refugium dieser Baureihe, welche hier im Zweistundentakt zwischen Koblenz und Luxemburg pendelt.

Eine knappe halbe Stunde muß ich auf die nächsten Züge warten, 425 136 fährt nach Verlassen des Kaiser-Wilhelm-Tunnels als RB 12217 nach Koblenz in den Bahnhof und 143 263 verläßt ihn mit RB 12210 nach Trier. Überhaupt: Der Kaiser-Wilhelm-Tunnel, mit 4200 Metern bis 1985 der längste Tunnel Deutschlands! Ich nehme mir vor, nachher zum Tunnelportal zu fahren, welches da auf dem rechten Bild im Nebel erkennbar ist.

Aber da zeigt das Ausfahrsignal schon wieder ein grünes Licht und kurz darauf rumpelt 140 440 mit einem leeren Autopendel durch den Bahnhof. CFN 98714 heißt der Zug, er kommt aus der Abstellung von Koblenz-Lützel und fährt zur Beladung mit Ford-Fahrzeugen in Dillingen.
Nun aber los, zum Tunnelportal! So recht kommt man da nicht heran. Ich stelle das Fahrrad unten im Tal ab und kraxle einen steilen Weinberg hinauf, so daß mein Blick genau auf das Portal fällt.

Was für ein Panorama! Links ist die Reichsburg Cochem im Nebel über der Stadt erkennbar, während sich 143 134 mit RE 12007 nach Koblenz durch immer lauter werdendes Dröhnen aus dem Tunnelmund ankündigt, gefolgt von 143 873 mit RB 12219, ebenfals nach Koblenz. Nur, es kommt kein Güterzug! Nach einer halben Stunde gebe ich auf, länger halte ich es an diesem Steilhang nicht mehr aus. Ich bin ja kein Hanghuhn!

Ich radle am Bahnhof vorbei. Auf dessen Nordseite verläuft ein zugewachsener Weg, welcher unter steilen Weinbergen aufhört. Schnell einen solchen erklommen! Ein wunderbares Panorama des Bahnhofs Cochem tut sich vor mir auf, trotz des Nebels! Zuerst poltert 145 065 mit CFN 48293 durch den Bahnhof, ein leerer Kohlependel auf der Rückfahrt von Frankreich nach Kedzierzyn Kozle in Polen. Und um 10.00 Uhr treffen sich dann zwei IC-Züge in Cochem: Zuerst rollt wiederum 181 218, diesmal auf der Fahrt nach Luxemburg mit IC 438, heran. Die Sonne schickt sich an, den Nebel zu durchbrechen, schafft es allerdings leider auch bei der blauen 181 201 mit IC 433 nach Norddeich noch nicht.

Ein asphaltierter Wirtschaftsweg führt oberhalb der Eisenbahnstrecke durch das Moseltal nach Klotten, dem nächsten Ort in Richtung Koblenz. Auf dem Weg begegnet mit 425 136/636 auf dem Rückweg nach Trier. Und: Das letzte Stück muß ich schieben, ein schmaler Weg mit toller Aussicht, leider aber nicht auf die Strecke, führt mich in den Ort. Ein Haltepunkt mit leicht desolatem, leerstehendem Dienstgebäude, erwartet mich.

Malerisch liegen Ort und Haltepunkt unterhalb des Moselhänge. Und als 425 127 als RB 12218 nach Winningen einfährt, durchbiricht die Sonne endgültig den Nebel. Hinterher im Blockabstand bollert 185 264 mit FE 45672 von Gremberg nach Bettemburg/Luxemburg, einen ordentlichen Zug mit 1600 Tonnen am Zughaken. Aber auch in der Gegenrichtung bewegt sich etwas: 151 122 bringt, vor einer zweiten 151'er und mit 700 Metern leeren Fal-Wagen am Zughaken, das Wartehäuschen auf dem Koblenzer Bahnsteig zum Erzittern. Im Hintergrund die spätgotische Pfarrkirche St.Maximinius.

Am Ortsausgang überholt mich dann der nächste IC nach Norddeich Mole, bespannt mit 181 222. Im Blockabstand folgt NIAG-481 004 mit einem leeren Kohlependel von Neunkirchen nach Moers. Platz für einen Wirtschaftsweg ist hier nicht, ich muß auf der Straße fahren und bin dann recht froh, als sich auf halbem Wege nach Pommern ein Weinberg zwischen Straße und Bahnstrecke schiebt. Die Feldwege zwischen den Weinreben sind mir allemal lieber als ein asphaltierter Radweg mit Auspuffgas-Zugabe.

So stehe ich nun also zwischen den (inzwischen abgeernteten) Weinreben, nasche übriggebliebene Beeren und schaue nach den vorbeirollenden Zügen: 143 255 rollt mit RB 12225 nach Kaub/Rhein vorbei, im Führerhaus allerdings zeigt man "Koblenz Hbf" an. Und hinterher bollert SNCF-437 025 mit dem Frachtenzug FE 44213 von Woippy nach Gremberg. Die 1000 Tonnen am Zughaken stellen keine große Belastung für die Lok dar.
Aber ich will ja noch viel weiter....!

Ein Stück weiter, an der Strecke: Ein ordentlicher Zug bollert da heran! CSQ 48717 von Rotterdam nach Dillingen Hütte, befördert von 151 104 sowie 151 119, 4800 Tonnen hängen an der AK-Kupplung der beiden Loks, Erz aus der weiten Welt für die Dillinger Hochöfen.
Nun sind es nur noch wenige hundert Meter bis nach Pommern. Nein, nicht der Landstrich im Nordosten Deutschlands ist erreicht, der Ort hier heißt auch so!

Auch hier erwartet mich ordentlicher Zugverkehr! Drei Züge seien hier erwähnt: Ober rollt 185 309 mit FR 52083 von Gremberg nach Saarbrücken vorbei, wenig später folgt der letzte verbliebene sogenannte "Saufzug" aus dem Ruhrgebiet ins Moseltal, D 1925 von Dortmund nach Trier verkehrt nur an Herbst-Freitagen und wird heute von 112 178 gezogen. Und aus der Gegenrichtung schleicht sich 425 635 als RB 12229 nach Koblenz an den Bahnsteig.

Und weiter geht meine Fahrt. Weit ist es nicht bis Treis-Karden, die Kirche St.Johannes mit dem Ortsteil Treis ist schon zu sehen, als mir zwischen den Weinbergen 181 222 auf der Rückfahrt nach Luxemburg, am Haken IC 436 begegnet. Auch der Nachschuß ist sehenswert, im Streiflicht der auch um 14.00 Uhr nicht sehr hoch stehenden Herbstsonne eilt der Zug Pommern entgegen, ich dagegen Treis-Karden!

Nun meldet sich allerdings mein knurrender Magen mit Wucht, was mich zwingt, einen Imbiß zu suchen. In der Kardener Hauptstraße finde ich auch etwas dieser Art, ein Paar Würstchen gegessen und den Wasservorrat sowahl im Verdauungstrakt wie auch in der Tasche aufgefüllt, gelange ich wieder auf den Bahnhof, gerade noch rechtzeitig zur Durchfahrt von SNCF-437 011 mit FE 45211 nach Gremberg. Danach, in der anschließenden Zugpause, ist Zeit zum Betrachten des eindrucksvollen Empfangsgebäudes. Im Hintergrund die Stiftskirche St.Castor von Karden mit ihren beiden unterschiedlichen Türmen, auch als Moseldom bezeichnet. Kurz vor 16.00 Uhr bullert dann 181 209 mit IC 434 durch den Bahnhof, wiederum von Norddeich nach Luxemburg.

Nun treffe ich einen Entschluß, der mich noch zu einer 14 Kilometer langen Tour entlang der Mosel zwingen wird, ich wechsle auf die andere Flußseite, nicht ahnend, daß erst in Löf der nächste Übergang über den Fluß sein wird. Aber die Ausblicke auf den von der Abendsonnen beschienenen gegenüberliegenden Hang mit der Bahnstrecke sind einfach zu schön! Und der Zugverkehr läuft weiter: Links rollt 143 025 mit RB 12235 nach Koblenz am hingerissenen Betrachter, bald darauf folgen erneut 181 218 mit dem Abend-IC 437 nach Emden und eine vom verkehrsroten Farbschema abweichende Lok, CTL ES64F4 033 mit DGS 95622 von Neunkirchen nach Rotterdam. Die leeren Wagen dröhnen ordentlich durch das Tal.

Aber auch ein Blick in Richtung Osten ist reizvoll: Der in den goldenen Herbst entschwindende DGS, gekreuzt von RB 12237 nach Trier. Und nun bricht auf den unteren Bildern die Zeit der Erzzüge an: Ein Dreierpack aus 151'ern befördert CSQ 48712 mit Leerwagen von Dillingen nach Rotterdam durchs Moseltal, 151 115 vor 151 097 und der kalten 151 162. Immerhin 1200 Tonnen wiegen die Leerwagen noch... Aber der Gegenzug: CSQ 48713 mit 4000 Tonnen am Zughaken, ordentlich Mühe für die zwei (leider unerkannt gebliebenen) 151'er!

Bald habe ich Hatzenport erreicht. Eine Brücke gibt es hier nicht. Nur das Panorama des Ortes mit der Johanneskirche und dem alten Fährturm kann ich kurz genießen. Etwas später begegnet mir, von den letzten Strahlen der hinter den Bergen verschwindenden Sonne beleuchtet, nochmals 181 218, diesmal mit IC 432 nach Luxemburg. Eilig radle ich weiter nach Löf, ein einheimischer Angler sagte mir, daß es dort endlich eine Brücke gäbe! Und, es gibt sie, wenn auch deren steile Rampen mir inzwischen mehr als erwartet Probleme bereiten.

Ein wenig müde bin ich schon, als ich den Haltepunkt Löf erreiche. Noch ein Bild mit IC 439 nach Dortmund, gezogen von 181 222 und eines vom Haltepunkt mit dem schon lange ausgebrannten Hotel, dann steige ich in RB 12241, welche mich wieder zurück nach Koblenz befördert. Die halbe Stunde Zeit im Koblenzer Hbf nutze ich zum Kauf eines Bieres und von belegten Brötchen, bevor mich ein 425'er wieder bis 21.30 Uhr zurück nach Mainz befördert, zum großen Teil in Morpheus' Armen.