Im September 2011 fand einmal wieder eine Fotowoche auf der Wassertalbahn in Rumänien statt. In dankenswerter Weise maßgeblich von Michael Schneeberger
organisiert, bot diese Woche einmal wieder fünf Tage Gelegenheit, die unverfälschte Romantik einer Waldbahn zu erleben. Als Zeugnis einer versunkenen Epoche
lebt diese nach wie vor im hintersten Winkel Rumäniens, in der Region Maramures, im Wassertal an der ukrainischen Grenze. Und sie ist etwa 40 Kilometer lang,
verfügt über drei Tunnel, eine Anzahl von Brücken und echten Wirtschaftsbetrieb, in welchen die dampfbespannten Züge eingebunden werden. Wenn das alles für
Sie noch kein Grund als Eisenbahnfreund ist, hinzufahren, ja was dann eigentlich? |
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Schon die Anfahrt ist ein Abenteuer! Schauen Sie einmal bei einschlägigen Mobilitätsportalen nach, diese kostet Sie (mit der Bahn) mit Umsteigen mitten in der Nacht
so ca 36 Stunden. Und - haben Sie eine Idee, was man von 03:47 Uhr bis 06:43 Uhr in Alba Julia machen könnte? Ich nicht, auch nicht, wie ich da zum Ausstieg rechtzeitig
wach werden sollte. Also entschied ich mich teilweise für die Bus-Konkurrenz: Am 23.09. um 09:40 Uhr am Mainzer Hbf ging es los: ICE 1021 nach Würzburg,
ICE 91 nach Wien, von dort RJ 67 nach Budapest. Ankunft 25 Minuten später, der U-Bahnhof geschlossen, die Haltestelle des Ersatzbusses nicht gefunden. Also per Fuß
zum Ring, dort die U-Bahn erreicht und über Deak-ter nach Nepliget zum Busbahnhof. Ankunft um 21:55 Uhr - Gähnende Leere! Anruf beim Busunternehmen, ja ich solle
am Bussteig 15 warten. Und siehe da, pünktlich um 22:00 Uhr taucht der Fahrer des Kleinbusses mit einem entsprechenden Schild auf, wenig später sitze ich im in der Nähe
geparkten Minibus nach Cluj (Klausenburg). Über den Flughafen und schnurgerade Straßen geht es nun nach Osten, nahe Oradea nach Rumänien herein und weiter recht kurvig
bis Cluj. Gegen 05:30 Uhr Ankunft in Cluj Napoca, der vorhergehende Zug ist allerdings gerade um 05:09 Uhr abgefahren.... Also hinein in den Warteraum, bei einem Kaffee
und einem mit öminösem Käse belegten pappigen Riesenbrötchen zwischen Menschen allen Couleurs auf den Sonnenaufgang gewartet.... |
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Kurz nach acht Uhr trete ich dann auf den Bahnsteig. Die Sonne leuchtet unter den Beton-Bahnsteigdächern aus der Ceausescu-Zeit hindurch auf die Bahnsteige.
Eigentlich macht der Bahnhof einen guten Eindruck - wenn da nicht die Gleise wären! Bahnfreunden wird der Triebwagen, welcher da angeschlichen kommt, bekannt vorkommen:
Ein Triebzug der ehemaligen DB-Baureihe 624 nähert sich, nunmehr der Transferovie Group gehörend, als R 4101 von Bistrita Nord. Neue Nummer: 76 2421/22. Und der Blick
von hinten offenbart das Mißtrauen in allen Ländern Südosteuropas gegenüber elektrischen Schlußleuchten. |
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Aber nun zum Bahnsteig 4/5! Sinnend betrachte ich mir die endlose Schlange abgestellter Reisezugwagen auf dem Nebengleis des Bahnhofs. So recht
lang können die immer noch recht häufig verkehrenden Züge bei der CFR eigentlich nicht mehr sein! Da reißt mich 80 0537 aus meinen Gedanken, mit einem wilden
Sammelsurium von Wagen brummt sie an mir vorbei. Sogar ein Doppelstockeinzelwagen aus DDR-Produktion ist darunter! |
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Langsam wird es heller, so daß man inzwischen auch Bilder von den nicht besonnten Bahnhofsteilen versuchen kann. So z.B. die Schlucht zwischen den bedachten
Bahnsteigen 2 und 1, hinter letzterem verbirgt sich das Empfangsgebäude. Erstaunlich gut ist dieses erhalten. Aber was ist das für ein Bau weiter östlich?
Irgendwie erinnert der mich an den Tränenpalast in Berlin-Friedrichstraße! Die Passanten störts nicht, unbekümmert passieren sie die Gleise, obwohl es einen
Bahnsteigtunnel gibt und überall Verbotsschilder herumstehen. Wenig später nähert sich dann 40 0721 mit dem Accelerat E 1829 aus Deva. Dieser Zug besteht nur
aus drei Wagen, und auch die hier übliche offene Tür darf nicht fehlen.... |
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Kaum hat der Zug gehalten, naht auch schon ein dienstbarer Geist, um die Schlußscheibe abzuhängen. Kurz darauf wird auf dem Nachbargleis
der Accelerat E 1932 nach Iasi bereitgestellt, um 09:09 Uhr wird er Cluj Napoca verlassen, um in neunstündiger Fahrt die doch ein wenig zahlreicheren Reisenden
nach Iasi zu bringen, immer entlang der ukrainischen bis hin zur moldawischen Grenze. 40 0350 hat diese Aufgabe übernommen. Ich werde mit diesem Zug bis Salva,
dem Abzweigbahnhof in Richtung Viseu de Jos, mitfahren. |
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Schaukelnd setzt sich der Zug in Bewegung, bis Apahida beschleunigt er dann ein wenig, um dann bis Dej Calatori auf eine Geschwindigkeit von 50 km/h zurückzufallen,
durchsetzt von mehreren, nur mit Schrittgeschwindigkeit befahrenen Brücken. 81 Minuten Fahrzeit für 60 Kilometer bei einem Schnellzug, ich glaube, das sagt alles!
Danach geht es dann mit schlappem 60'er Schnitt weiter über Beclean pe Somes nach Salva, wo ich planmäßig um 11:23 Uhr eintreffe. Schnell nach vorne geeilt
(Das Überschreiten der Gleise interessiert hier niemanden!) und einige Bilder vom anfahrenden Zug gemacht: Links unten ein Gruppenbild mit Wasserkran, daneben eines
mit dem zugehörigen Wasserturm. Rechts noch ein Bahnhofspanorama mit Güterschuppen und dem renovierten Empfangsgebäude, dahinter der (rote) Dienstgebäude-Anbau - wohl
aus der Zeit der Inbetriebnahme der abzweigenden Strecke nach Maramures in den dreißiger Jahren. Die Sonne brennt nun doch ein wenig, so daß ich mir ein schattiges
Plätzchen unter dem Vordach vom Wartesaal suche. |
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Nach 12:00 Uhr schließlich trifft der Vormittags-Personenzug von Viseu de Jos ein. Der "Krabbenkutter" 60 1397 hält mit den beiden Wagen des R 4132 am vorderen
Gleis. Gesehen habe ich allerdings keine Aussteiger, na, vielleicht sind diese durch den Wagenzug verdeckt.... Schnell zieht die Lok vom Bahnsteig weg und umfährt
die "Wagenschlange", zwei Stunden Pause sind jetzt angesagt. |
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Kurz vor 13:00 Uhr dann der Accelerat E 1833 von Iasi nach Timisoara Nord: 40 0899, in zu den Wagen passender Farbe, rollt bullernd in den Bahnhof.
Der Zug ist von Iasi nach Timisoara Nord 16,5 Stunden unterwegs, und das bar jeder gastronomischen Betreuung. Als er weitergeschlichen ist, habe ich eine ganze Stunde
Zeit, die Suche nach einer Kneipe in Bahnhofsnähe verläuft aber erfolglos. Einige Häuser mit Garten dösen in der Mittagssonne, das war es dann. So recht habe ich keine
Lust, ein Ortszentrum zu suchen, so kehre ich in den Wartesaal zurück und verzehre wieder eins von diesen pappigen Käsebrötchen aus dem Kiosk. |
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R 4206 von Bistrita Nord nach Vatra Dornei dagegen ist sogar von einer stärkeren BR 41 bespannt: Die schon leicht angerostete 41 0710 schiebt sich
an dem pausierenden Krabbenkutter vorbei.
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Pünktlich um 14:06 Uhr rollt der Zug dann weiter. Was für Anschlüsse sind das! Zum R 4131 nach Sighetu Marmatiei, mit dem ich auch mitfahren
werde, sind es 46 Minuten Übergangszeit. Mit Konkurrenzfähigkeit hat das nichts mehr zu tun.... |
Einen Anschluß aus Richtung Nordwesten gibt es dann gleich überhaupt nicht, so ist es denn auch kein Wunder, daß es außer mir Bahntouristen und einem weiteren,
dem R 4206 entstiegenen und ebenfalls zu Fotowoche wollenden Bahnfreund keine weiteren Interessenten für die Fahrt über die Berge nach Maramures mit R 4131 gibt.
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Pünktlich um 14:52 Uhr brummt die Diesellok dann auch los. Mit sehr begrenzter Geschwindigkeitsentfaltung biegt die Fuhre in das Tal der Salauta
ein. Der untere Streckenteil bis Telciu wurde ja schon in den dreißiger Jahren erbaut, teilweise machen die Gleise den Eindruck, als wären sie noch nie ausgewechselt
worden. Cosbuc heißt der erste Bahnhof, dessen Überholgleise man vielleicht lieber nicht mehr benutzen sollte. Später schleichen wir am Bedarfshalt Bichigiu vorbei
(ohne Bedarf), zwei Kilometer später ist dann aus der Ferne schon das Einfahrsignal von Telciu auszumachen: Zwei ziemlich deutsche Signalflügel, ergänzt durch eine
Vorsignalscheibe rumänischer Bauart am gleichen Mast. |
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Der Bedeutung des Bahnhofs angemessen ist das Empfangsgebäude und im Gegensatz zum Gleiszustand ist dieses auch gut erhalten. Man kann sich gut
vorstellen, wie hier bis 1948 wahrscheinlich vor dem Gebäude der Schmalspurzug zur Weiterfahrt über den Setref-Paß bereitstand und sich die damals noch zahlreichen
Reisenden in die engeren Wagen zwängten. Nun geht es schneller weiter, die vorbeifliegenden Bäume machen es zum Glücksspiel, die repräsentative Kirche des Ortes zu
fotografieren. |
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Der nächste Bahnhof, Fiad, ist dann weniger bedeutsam. Ein kleines, aber gepflegtes Empfangsgebäude, und wegen der Kurvenlage zwei von den
eindrucksvollen Formsignalwiederholern. |
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Knapp sieben Kilometer und einen Tunnel beträgt die Entfernung nach Romuli, dem nächsten Bahnhof, oder besser, was von ihm übrig geblieben ist.
Ein rostiger Wasserkran grüßt in einer Kurve, vorbei die Zeiten, als hier noch Dampfloks einen rettenden Ort erreicht hatten, um ihre schwindenden Vorräte zu ergänzen.
Nur kurz ist der Halt, dann windet sich der Zug langsam aus dem Tal der Salauta, überquert mehrere Seitentäler auf Viadukten, was dem Fahrgast atemberaubende
Landschaftsbilder garantiert.
Wenig später rumpeln wir über einen Viadukt nach Dealui Stefanitej hinein. Hier, am letzten Bahnhof auf siebenbürgischer Seite, fand am 28.12.1949 die
Eröffnungsveranstaltung der Strecke statt. Wieder ein größerer Bahnhof, das Ausfahrsignal zeigt freie Fahrt, |
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und schnell tauchen wir in den 2388 m langen Scheiteltunnel ein. Eine Beleuchtung schaltet niemand ein,
wer weiß, ob diese überhaupt funktioniert! Ein komisches Gefühl, bei offenem Fester im Stockdunkel zu stehen! |
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Da, gleißendes Licht! Maramures ist erreicht! In schneller Fahrt geht es nun bergab, der Zug erreicht Sacel, was auf siebenbürgischer
Seite nicht auszumachen war, ist hier noch vorhanden: Güterverkehr! Eine Anzahl offener, mit Holz beladener Güterwagen wartet auf Abbeförderung, betrachtet
von einem einsamen Motorradfahrer. Sieben Kilometer sind es nun nach Iza. Das Überholgleis des Bahnhofs ist Baustelle, auf der anderen Zugseite wartet der Bauzug,
an einem Samstag ohne Besatzung. Danach ein Viadukt, die Strecke ist noch lange nicht auf der Talsohle angekommen! |
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Dann ist es schließlich soweit: In einer langen Linkskurve biegt der Zug ins Viseutal ein. Gleich wird er Einfahrsignal und Wasserturm passieren und in den
immerhin siebengleisigen Bahnhof Viseu de Jos einfahren. Ein Dinosaurier aus einer Zeit, als hier mit der Bahnlinie nach Salva die im Prinzip einzige Verbindung
der Region Maramures mit den rumänischen Kernlanden ihren Anfang nahm, als der Straßenverkehr über das Gebirge noch tiemlich beschwerlich war...
Sieben Hauptgleise, das bedeutet auch sieben Ausfahrsignale, Gleissperrsignale sind nicht vorhanden. |
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Keine Zeit zum Fotografieren! Der Abholdienst in die Pension klappt perfekt, ein Auto wartet schon, uns die sechs Kilometer
nach Viseu de Sus (Oberwischau) zu bringen. Und natürlich bin ich viel zu früh auf dem Gelände der Wassertalbahn, noch ist Zeit bis zur geplanten
Kennenlernveranstaltung, und noch beleuchtet die Abendsonne das Gelände. Die Diesellok 87 0045 hat Rangierdienst, sie wartet darauf, beladene Holztrucks ins Sägewerk
zu schieben. Weiter in Richtung Lokschuppen steht ein mit Heu beladener Pferdewagen, dieser wird uns noch am nächsten Tag ins Wassertal begleiten.... Und, was wäre
ein Abschluß des Tages ohne ein Lokschuppenbild mit den Akteuren der folgenden Veranstaltung: 87 0036, 764 421 und 764 211 warten nebeneinander auf weitere Aufgaben!
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