Was zieht mich eigentlich immer wieder in den Harz, dorthin, wo auf einem ausgedehnten Schiennetz mit 1000 mm Spurweite noch Dampfloks im täglichen Einsatz durch die dichten
Wälder bis auf 1000 Meter Höhe verkehren? Ist es der Reiz, solchen Dampf auf offener Bühne zu erleben, ohne Klimaanlage, ohne Fahrten in einem Abteil mit piepsenden Türen,
Chemieklosetts und ständigen Durchsagen über Lautsprecher? Und in der Nacht vom 30.April auf den 1.Mai da treffen sich ja auch die Hexen auf dem Brocken zur Walpurgisnacht... |
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Es empfiehlt sich, früh aufzustehen, wenn man von Mainz aus anreist und noch etwas von dem Tag im Harz haben will. Um fünf Minuten vor vier Uhr verlasse ich das Haus,
um 04:06 steige ich in die S-Bahn und nach Kauf eines Brötchens und einer Tasse Kaffee verläßt RE-D 4150 um 05:20 den Frankfurter Hauptbahnhof. 40 Minuten Aufenthalt im
"Palast der Winde" in Kassel-Wilhemshöhe, aber in Abellio-DPN 74705 auf Gleis 1 kann schon ein paar Minuten eher eingestiegen werden. Anderthalb Stunden Fahrt durch das Eichsfeld und
danach noch ein bißchen durch die Goldene Aue, dann endet meine Fahrt kurz nach halb zehn Uhr in Nordhausen. |
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Absolut tote Hose in Nordhausen! Auf dem HSB-Bahnhof dämmert der Wagenpark vor sich hin, von der Dampflok ist noch nichts zu sehen. Nur auf dem
Bahnhofsvorplatz treffen sich zwei Duo-Triebwagen der Verkehrsbetriebe. Tw 203 will unter der Nummer 8712 in Kürze auf die Gleise der HSB wechseln, um zur Ilfelder
Neanderklinik zu gelangen, Tw 202 als Linie 1 zum Nordhäuser Krankenhaus. Nur Fahrgäste sind außer den in einen gemütlichen Plausch vertieften Fahrern nicht auszumachen.
Keine Nordhäuser auf der Straße, nicht einmal Doppelkörner. Die Abfahrt der Linie 1 reißt mich aus meinen Gedanken und kurz darauf verläßt auch der Neanderkliniker
die Haltestelle, um hinter dem schon lange fahrtzeigenden Formhauptsignal F auf die HSB-Gleise zu wechseln. |
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Zurück zum HSB-Bahnhof! Denn auch hier müßte sich nun langsam etwas tun, soll doch P 8920 in 25 Minuten abfahren! Und richtig, ganz leise schiebt
sich 99 7245 vom Bw her an den Bahnsteig, um mittels einer Sägefahrt an den hier seit gestern Abend wartenden Wagenpark zu gelangen. Auch ein paar Eisenbahnfans haben sich schon
eingefunden, die Rangiermanöver zu beobachten, wenn auch ihre Anzahl recht überschaubar ist, wie auch die der hier zusteigenden Mitreisenden insgesamt. Ein kurzes Hämmern der
Luftpumpe, da naht auch schon die Abfahrtszeit und als auch 187 013 als P 8913 aus Eisfelder Talmühle zum Bahnhofsvorplatz übergewechselt ist, kann unsere Fahrt in die
Harzberge pünktlich um 10:24 beginnen.Für mich natürlich auf der ersten Bühne hinter der Lok! Nun, bis Eisfelder Talmühle reicht noch die halbe Leistung, wenn schon die Strecke
nach Ilfeld steiler wird und einen Vorgeschmack auf die weitere Fahrt gibt. |
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Sieben Minuten Aufenthalt in Eisfelder Talmühle, da wir, wie fast immer, ein wenig zu früh eingefahren sind, kann man sich mit dem Wasserfassen auch
ein bißchen mehr Zeit lassen. Aber auch auf der anderen Bahnhofsseite dampft jemand, der "Bubikopf" 99 6001 hat den Anschlußzug P 8951 von Quedlinburg herangebracht und stärkt
sich hier für die Rückfahrt dorthin. Zeit, das Panorama noch ein wenig zu genießen. Anders als in Drei Annen Hohne mit den Menschenmassen dort kommen hier am Wasserkran
Personal und Fahrgäste miteinander ins Gespräch, alles geht hier familiärer zu. Nur, irgendwann endet die Pause dann doch, auch 99 6001 setzt an ihren Zug und es kommt zu einer
von der ersten Bühne zu erlebenden Doppelausfahrt. Herrlich! |
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Eine wunderbare Stunde Fahrt ist es nun bis Drei Annen Hohne, um 12:15 treffen wir da ein. Schnell ist die Lok umgesetzt und nimmt wieder
einmal Wasser, während der Aufsichter die Weiche hinter ihr für den später eintreffenden P 8932 vom Brocken wieder nach Gleis 3 umstellt. Kurze Verabschiedung
der Zugbegleiterin, derweil gelangt 99 7241 mit P 8903 nach Eisfelder Talmühle an den Hausbahnsteig, welche auch sofort am inzwischen freien Kran
Wasser nimmt. Wenig später nach Einfahrt des Zuges vom Brocken dann der Loktausch: Die von Nordhausen aus für die Brockenfahrt falsch gereihte 99 7245 zieht
ins Ausfahrgleis vor, gefolgt von 99 7241 und nach Umstellen der Weichen durch den Aufsichter rollen beiden Maschinen in das jeweils andere Gleis! Fertig!
Jetzt heißt es einsteigen, so ich zum Brocken mit will. Und ich will! |
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Nach nur reichlich zehn Minuten hält der Zug in Schierke und gibt dem mit 99 7237 bespannten Gegenzug P 8926 das Gleis nach Drei Annen Hohne
frei. Auch hier wird wiederum Wasser für die halbstündige Bergfahrt zum Brocken genommen, dort oben gibt es keines, und das Triebwerk wird abgeölt. An so
einer Dampflok gibt es eben immer etwas zu tun. Wie hat sich doch der früher im Sperrgebiet gelegene, verträumte und nur von zwei Zugpaaren angefahrene Bahnhof Schierke
geändert! Annähernder Stundentakt zum und vom Brocken, das renovierte Empfangsgebäude mit einer leistungsfähigen Gaststätte, welche sich angesichts des vollen Parkplatz
wohl auch lohnt! Zum Glück kann man hier mit dem PKW nicht auf den Berg! Vor meinen Augen entsteht gerade ein Bild von der chaotischen Verkehrs- und Parkplatzsituation
auf dem Feldberg bei Frankfurt..... |
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Auf dem Brocken empfangen uns Schneeberge, zwar gibt es keine geschlossene Decke aus diesen Kristallen mehr, aber die vorhandenen Berge werden wohl noch
ein Weilchen zum Abtauen benötigen. Nur 12 Minuten bleiben bis zur Rückfahrt, hurtig setzt die Lok unter den Augen auch asiatischer Touristen um und Wenig später startet
sie bergab mit P 8922 nach Drei Annen Hohne. Ein Weilchen genieße ich noch Schneeberge und die Aussicht auf das im Tal liegende Wernigerode sowie auf die Zeter- und Hohneklippen,
von wo früher manch sehnsüchtiger Blick aus meinen Augen zum im Gegenlicht finster daliegenden Brockengipfel herüberging, nicht glaubend, da einmal herauf zu können... Aber nun
auf zum Goetheweg, ein bißchen Wärme und Gelenkschmierung kann nur gut tun! |
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Am Brockenplatt rollt mir die bergabwärts mit P 8929 nach Nordhausen fahrende 99 7237 vor die Linse, welche am Goetheweg mit dem bergaufwärts fahrenden
P 8935 aus Wernigerode kreuzt. Bullernd und unter spitzem Dampfdruck, so kennen wir die Brockenloks, in diesem Falle 99 7243 bei der Bergfahrt, weswegen es immer wieder
ein Erlebnis ist, den Goetheweg bis zum gleichnamigen Bahnhof entlang zu wandern und die im Stundentakt vorbeidonnernden Maschinen zu bewundern. Ja, da startet die Lok auch
schon wieder auf dem Gipfel, sie ist da mit ihren sieben Wagen am oberen Ende der Brockenspirale gut auszumachen, wenn auch die Sicht nicht die beste ist. Knapp 10 Minuten
später dann rollt sie dann mit P 8944 nach Drei Annen Hohne vorbei. |
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Mittlerweile bin ich am Bf Goetheweg angelangt. Eine Handweiche mit 4 Ks-Signalen! Da naht auch von oben schon 99 7241 mit P 8924 nach Wernigerode.
Der Zug hält kurz, während die Zugbegleiterin die Weiche in das (ebene) Kreuzungsgleis umstellt, und rangiert in dieses hinein. Weiche wieder zurückstellen und das Streckengleis
an das ESTW in Wernigerode freimelden! Zeit für die "Einheitslok" 99 222, mit P 8937 zum Brocken vorbeizubullern. Ein bergwärtiger Halt wäre hier in der Steigung fatal, er
würde unnötigen Heizerschweiß kosten und könnte zum Schleudern der Lok führen. Da ist der Zug auch schon vorbei und das Ausfahrsignal zeigt wieder Rot, Zeit zum Zurückdrücken
des talwärts fahrenden. Da fahre ich doch nach Schierke mit.... |
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Auf der ersten Bühne hinter der Dampflok kann man die Fahrt schon genießen, hinter dem Kessel, auch wenn es leider nur bergab geht. Rechts das Bodetal,
gegenüber der Wurmberg mit seinen Seitengipfeln, links das grüne Dickicht und vor mir der im Takt der Schienenstöße schwankende Lokkessel, wie bei allen Loks der HSB
Zeugnis von guter Lokpflege abgebend. |
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Schierke ist erreicht. Kurz nach dem Aussteigen bollert auch schon 99 7243 mit P 8945 in den Bahnhof. Der Zug ist schon etwas für die Genießer von
abendlichen Stunden auf dem Brocken. Nichtdestrotrotz hat der Heizer, bevor er zum Wassernehmen abgestiegen ist, ein Höllenfeuer entfacht, spitzer Dampfdruck ist zum Aufstieg
auf den höchsten Berg Norddeutschlands, immerhin eine halbe Stunde Beharrungsfahrt, erforderlich. Alles an der Maschine vibriert, gleich wird sie sich auf die Steigung
stürzen! |
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Überraschung, die Sonne läßt sich blicken! So traue ich mich in den Wald Richtung Drei Annen Hohne, wo mir am Ra 12 mit dem letzten Zug zum Brocken,
P 8939, 99 7234 begegnet. Heute sind zumindest bis Schierke noch Fahrgäste an Bord, finden hier doch die Feiern zur Walpurgisnacht statt. Und noch eine Überraschung:
Es gibt heute noch einen Zug auf den Berg, aber dazu später. Ja, und zur Walpurgisnacht will auch der alte GHE-T 1, welcher da, mit Birkenzweigen geschmückt, im Blockabstand
von Nordhausen heranbrummt. |
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In Schierke gekreuzt hat 99 222, welche wenig später an mir im letzten Sonnenlicht mit P 8936 zurück nach Wernigerode vorüberknarzt. Der Streckenabschnitt
von Schierke nach Drei Annen Hohne wurde ja schon zu DDR-Zeiten befahren, hat somit bei der Gleisverjüngung anläßlich des "Aufbaus Ost" der Brockenstrecke nichts abbekommen und
ist nur mit 30 km/h befahrbar. Etwas weiter unten warte ich dann auf den Walpurgis-Sonderzug aus Wernigerode. Leider verlassen die Sonnenstrahlen kurz vor seiner Vorbeifahrt die
Waldlichtung. 99 5902 ist ebenfalls mit Birkenzweigen und Girlanden geschmückt und zieht den historischen Traditionszug nach Schierke. |
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Ich kehre zum Bahnhof zurück. Der Triebwagen hat auf ein Nebengleis rangiert, um für den Sonderzug und den vorletzten Zug vom Brocken, den von 99 7243
beförderten P 8934, welcher den Bahnhof recht schnell wieder verläßt, so daß ich mich jetzt der Malletlok widmen kann. Da steht sie mit den historischen Wagen, wenn nicht
gewisse Anzeichen von Modernität und ihre "Dekoration" unübersehbar wären, so könnte sich dieses Bild auch schon vor 100 Jahren dem interessierten Beobachter so
geboten haben. Und nicht alle Betrachter haben sich zum Walpurgisfeuer verdrückt, auch einige als Teufel oder Hexen verkleidete finden sich ein! So sonnt sich die Lok noch ein
wenig unter den bewundernden Blicken und den ersterbenden Sonnenstrahlen, flankiert vom GHE-Triebwagen und auf der anderen Seite von der Aussicht auf die Hexenbaude im
Empfangsgebäude. |
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Aber nun kommt Leben in die Lok. Umsetzen an das andere Zugende ist angesagt! Gemächlich wird diese Aufgabe unter Ausnutzung der Rückfallweichen erledigt,
keine von denen muß dazu umgestellt werden. Ich folge der Lok auf die andere Seite, vorbei am sich sonnenden Triebwagen, von welchem inzwischen eine Hexe Besitz ergriffen hat.
Warum fliegt die nicht zum Brocken? Ist sie krank oder einfach nur faul? Wer von uns Menschen kann schon in deren Gesichtern lesen! Inzwischen ist die Mallet am Zugende angekommen
und es ergibt sich noch ein Stilleben der beiden aus dem Jahr 1898 stammenden Fahrzeuge nebst einer historisierenden Laterne, während auch die letzten, noch hier verbliebenen
Fahrgäste inzwischen auf dem Weg ins Tal zum Walpurgisfeuer sind. Ruhe ist eingekehrt... |
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Noch ein Nachschußbild von der wunderschönen Lok, und noch eins vom Ende des Bahnsteigs aus. Der Dienstwagen am Zugschluß hat sogar noch einen
Bremsersitz. Ob es da so ein Vergnügen war, bei bis zu 50 km/h da oben zu sitzen und sich den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen. Arbeitsplätze, welche es zum Glück
inzwischen nicht mehr gibt! Für eine Hexe mögen sie ja harmlos sein, wer mit dem Besen durch die Lüfte fliegen kann, dem macht auch Kälte nichts aus.... |
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Wenig später warte ich auf Bahnsteig 2 auf den letzten Zug nach Wernigerode. Ein letztes Bild noch von Malletlok und T 1, dann fährt auch schon
99 7234 mit P 8938 ein und kurz darauf drückt die Mallet in die Brockenausfahrt zurück, um Platz zu machen für den nun aber wirklich letzten Zug zum Brocken, 99 7239 mit dem
"Mephisto-Express"! Welches Datum wäre treffender für eine Aufführung des "Faust", als die Walpurgisnacht, und dann auch noch auf diesem Berg. Da kommt bei einigen
Fahrgästen bestimmt wohliger Grusel auf! |
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Leider muß ich diesen Ort nun verlassen, auf der ersten Bühne von P 8938 geht es nach Drei Annen Hohne, Auge in Auge mit 99 7234. Ruhig liegt der Bahnhof
im Abendlicht, die Menschenmassen haben längst die Harzberge in Richtung ihrer Heimatorte verlassen. Während das Wasser in die dazugehörigen Behälter der Lok rinnt, gibts noch
einen Plausch vom Heizer mit einem - bestimmt - Harzer Original. Und auch der Lokführer schaut zufrieden aus dem Führerhaus, die Fahrt geht bergab direkt in den Feierabend! |
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Wir rumpeln durch Wernigerode und erreichen den Bf Westerntor. Ein kurzer Blick auf den in Dämmerung auf seinen (hoffentlich nicht zu bald) Einsatz
wartenden Hilfszug, dann ist wenig später auch schon der Endbahnhof erreicht. Da ich noch ein bißchen Zeit habe, gönne ich mir noch einen Ausblick vom Beobachtungsturm
auf das Bw. Schöner ist's aber von unten. Da stehen sie versammelt, die Boliden des Tages (von links): 99 7247, 99 7243 (dahinter 99 7241), das "Harzkamel" 199 861 sowie die
"Einheitslok" 99 222, erkennbar nicht nur an der abweichenden Frontpartie (dahinter 99 7237). Unsere anbringende Lok 99 7234 hat sich noch nicht dazugesellt, sie steht noch
auf dem Kanal, auch als später der "Halberstädter" 187 016 als letzter Zug des Tages von Eisfelder Talmühle, P 8906, mangels Fahrgästen gleich ins Bahnbetriebswerk fährt.
Aber heute ist's ja noch gar nicht der letzte Zug, 99 7239 ist ja noch auf dem Brocken und 99 5902 in Schierke. |
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