Im August 2024 war der Bahnhof Rastatt für drei Wochen (einmal wieder) gesperrt. Also wieder Chaos im Güterverkehr? Na zumindest hatte man sich etwas ziemlich
unkonventionelles ausgedacht: Fahren wir doch elektrisch bis Wörth und weiter mit Diesel-Vorspann über Lauterbourg und Strasbourg / Kehl nach Offenburg. Ein Diesel-Shuttleverkehr
über Frankreich also, dessen Kapazität allerdings stark durch den Kopfmacher-Bahnhof Wörth und die eingleisige und kreuzungsmöglichkeitsfreie Strecke nach Lauterbourg arg
begrenzt wurde.
So stehe ich am 20.08.2024 pünktlich um 07:56 Uhr mit meinem Fahrrad auf dem Bahnhof Mainz Römisches Theater, von wo mich eine S 6 nach Ludwigshafen, später einen S 3 nach Wörth
bringt. Und nun? Auf Gleis 4 soll mein Triebwagen nach Lauterbourg abfahren, dort wartet aber, wie auf allen anderen Gleisen auch, ein Güterzug. Der Bahnhof ist voll, die Ansagen
mittels Computerstimme undurchsichtig. Da, auf Gleis 4 ruckt der Güterzug an, gefolgt von einigen Regionalzügen und S-Bahnen. Inzwischen ist die Abfahrtszeit herangekommen.
Wenig später rollt auch der Güterzug vom Hausbahnsteig 1 in Richtung Karlsruhe ab und mein 628'er schleicht sich an den Bahnsteig! Mit 10 Minuten Verspätung fahren wir schließlich
ab und erreichen Lauterbourg noh acht Minuten zu spät. |
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Kurze Orientierung! 628/928 636 wartet am Hausbahnsteig 1 auf die Rückfahrt als RB 81468 nach Wörth, die restlichen Gleise sind frei von Fahrzeugen,
nur nicht von Unkraut. Vorbei die Zeiten, als hier internationale Schnellzüge hielten, als über den Güterbahnhof reger Güterverkehr rollte! Das im Jahr 1874 mit Streckeneröffnung
eingeweihte repräsentative Empfangsgebäude reichte nach dem ersten Weltkrieg, als der Bahnhof zum Grenzbahnhof geworden war, nicht mehr aus und wurde an der Nordseite um einen
neuen Trakt erweitert. |
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Schauen wir nach Norden! Linkerhand der Empfangsgebäude-Erweiterungsbau, geradezu dann in Reih und Glied die blau angestrichenen Lampenmasten.
Ja, und dann sehen wir die neben dem mechanischen Stellwerk Poste 1 aufgereihten vier Formsignale deutscher Bauart J, K, L und H mit jeweils unterschiedlichen Masten, wobei der
von Signal J an einen der DR-Einheitsbauart erinnert. Dieses Signalsystem wurde 1918 bzw. 1945 aus Sparsamkeitsgründen als Bauart ex-AL (ex-Alsace-Lorraine) von den Reichseisenbahnen
Elsass-Lothringen bzw. von der Deutschen Reichsbahn übernommen und hat hier wohl als einer der letzten Vertreter seiner Art die Zeiten überdauert.
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Der erste Güterzug reißt mich aus meinen Gedanken! Die SNCF-Diesellok 475 128 schleicht in den Bahnhof, am Zughaken eine mitgeschleppte 186'er
sowie eine lange Wagenschlange aus DGS 41523 von Antwerpen, nunmehr als DGS 46815 nach Offenburg Gbf bezeichnet. Mit einem freundlichen Lokführer im Führerstand! Ich muss sagen,
dass überall, wo man es wahrnehmen konnte, es solch einen Gruß gab! Und rumpelnd entfernt sich der recht lange Zug in Richtung der in all der Natur nur schemenhaft erkennbaren
Südseite des Bahnhofs. |
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Schnell mit dem Fahrrad zum Südkopf! Den Zug kann ich zwar nicht mehr einholen, aber bald darauf nähert sich ein Regionalzug den Ausfahrsignalen
C und D, TER 830714 aus Strasbourg in Form von Triebzug 84591, welcher sowohl elektrisch als auch mit Dieselmotor betrieben werden kann, hier allerdings wohl mit letzterer
Betriebsart. Auch hier die alte deutschaffine Bauart der Sicherungsanlagen, man beachte auch die Umlenkung am Stellwerk Poste 2 der Vielzahl von Drahtzügen, aber auch eine mechanische
Stelleitung, welche wohl zu französischer Zeit angebaut wurde. |
Da verlässt TER 83721 zurück nach Strasbourg auch schon wieder den Bahnhof, man beachte auf diesem Bild die Spanngewichte, welche ihre
Entstehungszeit wohl auch nicht verhehlen können. |
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Ich radle weiter. Der Weg hinter dem Stellwerk wird schmaler und schmaler, ein paar Huckel, und ich bin auf einem Fahrweg, welcher zum Bahnübergang
Poste 73 führt, die Landstraße D 248 nach Seltz quert hier die Gleise. Und dann kommt schon ein Zug, aber aus falscher Richtung! 475 113 zieht Railpool 193 113 vor DGS 46862
vorbei (SBB-DGS 42098 von Basel nach Genk). Immerhin ein Stilleben mit Warnlicht, Notrutelefon und Hinweis:"Ein Zug kann einen anderen verbergen!" für potentielle
Halbschrankenumrunder. |
Da schließen sich die Schranken schon wieder! Und diesmal naht ein Zug aus der anderen Richtung! Die Captrain-Lok G 1206 1581 schleppt
Raipool-193 113 in SBB- Diensten mit DGS 46817 heran, der Zug will als DGS 42029 von Rotterdam nach Novara/Italien. Die Lok hat ganz schön zu kämpfen, aber zum Glück ist ja
die Strecke eben. Auch die Fracht ist bemerkenswert: Ein reiner Containerzug der Firma GTS-Logistic aus der Schweiz, mit Außenstelle in Bari, wie man aus den Anschriften am letzten
Container unschwer erkennen kann. Wer da alles mitwirkt: Eine Captrain- und eine Railpool-Lok, SBB Cargo als Besteller und die Firma GTS-Logistic.
Aber nun weiter: Die Fahrt auf der Landstraße wird jetzt viel bequemer. Ich wage einen Abstecher zum Hp Mother, welcher mir aber nicht so fotogen erscheint. Also weiter nach
Munchhausen, wo Google Maps eine Straßenbrücke vermuten lässt. |
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Munchhausen ist erreicht. Über eine Verbindung des kleinen Ortes zum Baron Münchhausen ist nichts bekannt. Aber die Brücke über die Gleise existiert
wirklich und der Haltepunkt liegt recht idyllisch in einem kleinen Einschnitt. Ein gutes Motiv für 475 131, welche die BLS-475 401 (Eine E-Lok, Baureihen nicht verwechseln!) hinter
sich her schleppt, und natürlich einen weiteren Containerzug DGS 46819 (für Crossrail- DGS 43501 Zeebrugge-Novara). Die Container sind diesmal in etwas hellerem Blau als bei seinem
Vorgängerzug gehalten, weil von LKW Walter aus Österreich. Wieder so eine Zusammenstellung: Deutscher Besteller (Crossrail), französische Lok (FRET), schweizer Lok (BLS) und
österreichischer Transporteur (LKW Walter). |
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Seltz ist erreicht. Nahe des Ortseingangs biege ich in die Landstraße D 468 ab, um zum Schrankenposten Poste 66 zu gelangen. Ein reizvolles
ehemaliges Bahnwärterhaus nebst der üblichen Schrankenausstattung empfängt mich. Aber am Bahnhof sollte es interessanter sein, denke ich. Nun ja, das Empfangsgebäude atmet nicht
sonderlich viel historisches Flair. Aber für TER 830722 in Form von Tz 84809M sollte es als Hintergrund schon reichen. Immerhin ist wenigstens eine Blockstelle vom einstigen Bahnhof
übriggeblieben, vom Verknüpfungspunkt mit der ehemaligen Nebenbahn nach Mertzwiller. Da rollt er auch schon weiter, der Zug, und ist noch lange auf der recht geraden Strecke in
Richtung Munchhausen sichtbar. Eigentlich hoffe ich hier noch auf einen Güterzug, allerdings passiert die nächste halbe Stunde nichts. |
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So radle ich auf der Straße in Richtung Lauterbourg zurück, welche etwa einen reichlichen Kilometer hinter dem Ort die Bahngleise am Poste 67
überquert. Ein wenig ins Buschwerk schlagen, dann habe ich einen guten Fotopunkt für den herannahenden DGS 46866 gefunden: 475 119 zieht den Crossrail- DGS 43502 auf diesem Abschnitt
seines Laufwegs von Novara nach Seebrugge an mir vorbei. |
Weiter auf der Straße! Nach einer Rechtskurve nähert sie sich wieder den Bahngleisen und ein Feldweg biegt hier ab, um am Poste 68 diese zu überqueren.
Kein bedeutender Übergang, daher auch kein Bahnwärterhaus auszumachen, wahrscheinlich wurde er erst in späteren Jahren mit Schranken nachgerüstet. Aber doch ein wunderbarer Punkt
an der Strecke, oder? Und unser Triebzug aus Seltz kehrt von Lauterbourg zurück, nunmehr als TER 830731 auf der Rückfahrt nach Strasbourg. Aber weiter, nach Munchhausen, dort sollte
vielleicht im Blockabstand ein Güterzug folgen? |
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Munchhausen ist erreicht und von der dortigen Brücke gelingen noch Bilder von zwei sich fast kreuzenden Zügen, zunächst in nöddlicher Richtung
vom SBB-DGS 46864, bespannt mit FRET-475 127, im Schlepp SBB-193 530. Eigentlich heißt der Zug DGS 42024 und will von Gallarate nach Köln Eifeltor. In der Gegenrichtung folgt kurz
darauf 475 113 mit DGS 46823, diesmal ohne E-Lok. DGS 42091 kommt aus der Abstellung von Mannheim Friedrichsfeld und will nach Novara, wie lange er aber in Offenburg auf eine
E-Lok warten muss, wer weiß das schon? Nun radle ich nach Mothern. Dort gibt es ein kleines Dorffest und ich genehmige mir eine Wurst und eine Apfelschorle, für Alkohol ist
es noch zu warm und zu früh. |
Die Straße verläuft nun ziemlich nahe der Bahnstrecke und da gefällt mir ein weiterer Überweg, der Poste 71. Wieder ohne Wärterhaus.
Ein Bild von dem nächsten in Richtung Lauterburg herannahenden TER 830726 in Gestalt vom Triebzug 83555M, dann radle ich weiter nach Lauterbourg, der Buschfunk hat übermittelt,
dass der letzte Güterzug noch dort im Bahnhof auf Weiterfahrt nach Wörth wartet. |
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Ja, und da wartet er auf Gleis 3 an den Ausfahrsignalen J, k; L und H auf die Weiterfahrt nach Wörth, der von 475 127 bespannte DGS 46864,
beobachtet von einigen Eisenbahnfreunden, welche den Anblick der gesamten Szenerie sichtlich genießen. Der Lokführer hat die Tür zum Führerstand geöffnet und die Beine hochgelegt,
wahrscheinlich weiß er schon, dass seine Fahrt erst nach der Wende der nächsten (und letzten) Personenzüge weitergehen wird. Als deren Ankunftszeit näher rückt und sich die
Schranken schließen, richten sich alle Blicke auf die in einer Kurve liegende Bahnhofseinfahrt.... |
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Da kommt er ja auch schon, der von der Hinfahrt schon bekannte 628/928 636! Gemächlich, so wie es die ausgeleierten Rasengleise zulassen,
rollt RB 81475 an den Hausbahnsteig, garniert von einem unverdrossenen Filmer. Nun ja, so oft gibt es diese Baureihe ja auch nicht mehr zu sehen, zumindest in Deutschland.
Und es ist leider der letzte Zug nach Wörth, RB 81476. Der Schienenersatzverkehr ist für mein Fahrrad keine Alternative. So trolle ich mich in den engen Traglastenraum des
Triebwagens und muss Frankreich verlassen, auch wenn ich gerne noch geblieben wäre! |
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