Sangerhausen empfängt mich mit Regen und gähnender Leere an diesem Sonntagmorgen. Müde trotte ich über den Bahnhof,
der durch die Dämmerung in ein fahles Licht getaucht wird. Aber was steht denn da auf Gleis 8? 44 0789 vor einem Dg Richtung Nordhausen!
Schnell vom Bahnsteig auf die Gleise gehüpft, um ein Bild zu machen, das sieht heute in diesem Nebel eh keiner...... Aber doch,
von der nebenan stehenden 44 0225 ertönt ein "Na, na, das ist aber verboten!". Das Personal ist mir aber freundlich gesinnt,
und nach Klärung meiner Identität - auch ein Eisenbahner - laden mich die zwei in die Kantine ein, wohin sie sich gerade zur Pause
verdrücken wollten. Diese ist ja gleich neben den Gleisen, und so komme ich zu einem herrlich heißen Kaffee sowie zu belegten
Brötchen. |
Ein interessantes Gespräch mit den beiden "Schwarzen" beginnt, in dessem Verlauf ich eingeladen werde, doch auf der
Lok nach Niederröblingen mitzufahren. Bei diesem Wetter eine wunderbare Lösung! Also, mit 44 0225 auf nach Niederröblingen!
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44 0225 obliegt an diesem Tag der Kupfererz-Pendelverkehr zwischen Niederröblingen und Helbra.
Diese knapp 1000 Tonnen schweren Ganzzüge sind mehrmals täglich über die Blankenheimer Steige zu fahren, die geleerten Wagen
dann in der Gegenrichtung. So ist man nun mit 58702 in Niederröblingen angekommen (rechts oben) und setzt sofort an die Spitze
des beladenen Gag 57413. Während der Zugfertigstellung sorgt das Personal mit einem heißen Wasserstrahl für saubere Radreifen,
ein Muß bei diesem Schmuddelwetter, um Sand zu sparen und in der Steigung nicht liegenzubleiben. |
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Aber nun geht es los! Der Zug setzt sich in Bewegung und passiert die Schranke an der Ausfahrt, um auf der Nebenbahn,
welche in der anderen Richtung ehemals bis Allstedt verlief, mit 50 km/h nach Oberröblingen an der Strecke Erfurt-Sangerhausen zu gelangen.
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In Oberröblingen geht es wegen Zugfolge erst einmal nicht weiter, das Lokpersonal nutzt die Pause zur Wartung der Pumpen.
Weiter! Ein kurzer Halt in Sangerhausen, dann wird es Ernst! Die Blankenheimer Steige wartet schon auf das Kräftemessen mit der 44'er! |
Hinter der Feuertür bullert der Ölbrenner, schwer hängen die Wagen an Zughaken und Tenderkupplung und lassen die Lok
ächzen und knarren, wenn sie sich in die Kurven legt. Riestedt und Blankenheim ziehen vorüber und die Dunkelheit des Tunnels hüllt uns ein,
um uns herum das Tosen der Elemente Feuer und Wasser! Es wird wieder hell und die Maschine poltert über die Weichen des Trennungsbahnhofs.
Leider muß ich hier absteigen, dem Lokführer ist das Risiko, daß ich im Werkbahnhof Helbra entdeckt werde, zu groß! So stolpere ich glücklich
durch Gestrüpp und strömenden Regen zur Straße. |
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Wie nun nach Blankenheim kommen? Durch den Tunnel sollte man nicht laufen, so bleibt mir nur eine Wanderung
über den Bergkamm übrig. Auf der anderen Seite in Blankenheim begegnet mir 44 0225 noch einmal, diesmal auf der Rückfahrt
mit dem Leerzug 58704 (oben rechts). Ich laufe ein paar Meter in Richtung Sangerhausen und schon kommen die nächsten Züge den Berg herauf:
131 028 vom Bw Halle G jault mit einem Lgo "in die Kohle" am Fdl-Stellwerk vorbei, gefolgt von der sich "mit Tender voran"
vor einem Kesselwagenzug abmühenden 44 0546, unterstützt von einer unerkannt gebliebenen 110'er am Zugschluß. Wahrscheinlich handelt es sich
um den Solependel nach Teutschenthal, der verkehrt normalerweise aus mir unbekannten Gründen "mit Tender voran". |
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Ein kleines Stück geht es nun in Richtung Sangerhausen, da kündigt sich auch schon mit einer gewaltigen Rauchwolke
der nächste Zug an: 44 0789 mit einem Dg, vom Weichenwärter "Bw" weiter unten auf das wahrscheinlich schon einige Stunden nicht genutzte und daher
recht schlüpfrige Überholgleis geleitet. Langsam und mit den Rädern immer wieder durchdrehend und sandend, nähert sich die Lok mit dem schweren Zug
in der Steigung dem Zwischensignal T in der Hoffnung, dass sich dessen beide Flügel doch noch heben und der Zug nicht aus dem Stand anfahren muß.
Aber vergeblich, die ganze Fuhre kommt vor dem Signal zum Stehen und der wütende Lokführer steigt ab und telefoniert am Fernsprecher mit dem Fdl... |
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Wütend schaut er zu mir her, droht mir sogar mit der Faust (Das habe ich mich nicht getraut zu fotografieren!),
weil er wohl vermutet, dass "der Fotograf" an diesem Betriebshalt nicht ganz unschuldig ist! Aber ich schwöre:
"Ich war es nicht!"; Nein, Schuld hat die Rbd Magdeburg, die den Zug erst hinter dem verspäteten P 3226 nach Schönebeck,
welcher auf dem rechten Bild mit 110 619 schließlich überholt, abgenommen hat. Aber ob dieses Wissen ihn besänftigt hätte?
Er muss nun zusehen, wie er den Zug in der Steigung ohne Schiebelok wieder losbekommt! |
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Dann heben sich die Signalflügel. Ganz vorsichtig versucht der Lokführer eine Anfahrt. Zwecklos, die Räder drehen durch.
Ohne gleichzeitiges Sanden hat er keine Chance. Eine Weile müht er sich ab, dann nähert sich der Zug in einer Walze aus Dampf meinem Standort.
Ich werde darin eingehüllt, ganz nah neben mir die tosende Lokomotive. Noch lange brechen sich ihre Abdampfschläge in den Bergen um Blankenheim,
bis der Zug in den Tunnel eintaucht und dort dann auch den Brechpunkt der Strecke erreicht. |
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Da hat es aber 44 0890 besser, die mit ihrem Leerwagenzug den Tunnel mit dem Brechpunkt schon hinter sich hat und
nun ohne große Anstrengung den Berg bis Sangerhausen herunterrollen kann. Jetzt kommt heraus, wenn die Angaben auf dem Bremszettel nicht der
Wahrheit entsprechen! Langsam durchnäßt der Regen meine ganze Kleidung, und die Kälte kriecht von den klammen Füßen die Beine hinauf. Zeit,
sich ein wenig zu bewegen und nach Riestedt zu wandern! |
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Aber ich komme überhaupt nicht zum Weiterlaufen! Schon nähert sich der nächste Zug, 44 0304 donnert mit einem Kali-Ganzzug
am Zwischensignal vorbei. Die Lok gehört auch zu denen, die wegen Mangel an Material mit LKW-Scheinwerfern ausgerüstet worden sind.
Sehr schön sieht's nicht aus!
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Auch diese Lok entschwindet in schneller Fahrt zum Blankenheimer Tunnel hin, in der dunstigen Luft eine sich nur langsam auflösende
Dampfwolke hinterlassend. Aber nun los, vor Anbruch der Dunkelheit will ich Riestedt erreicht haben. |
Ich bin noch nicht am Ende der dreigleisigen Strecke angelangt, da überrascht mich auch schon der nächste Zug! Die Zuglok habe ich,
warum auch immer, nicht festgehalten, aber die Schiebelok ist doch auch schon wieder ein Erlebnis für das Herz des Eisenbahnfreundes, als sie vobeidonnert.
Aufmerksam beobachtet deren Personal die Strecke und besonders den geschobenen Zug. Nachschieben will gelernt sein, die Leistung der schiebenden Lok
muss der der Zuglok angepasst werden, um den Zug nicht zu zerren oder zu stauchen, um Zugtrennungen bzw. auch Entgleisungen zu vermeiden.
Und bei Einfahren in den Tunnel mit dem darinliegenden Brechpunkt gilt es doppelt aufzupassen! Ich wandere nun weiter nach Riestedt, die schon vorher
mangelhafte Helligkeit geht nun schon wieder in die Dämmerung über. |
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Ich habe vor, mit P 4551 zurück nach Halle zu fahren. Kurz vorher wummert, sozusagen zum Abschied, 44 0056 mit ihrem Dg
durch den Bahnhof. Mit dem nachfolgenden Personenzug hatte ich bis Halle keine Chance, sie einzuholen.
Zufrieden setze ich mich in meinen Personenzug, von den sonntäglich herausgeputzten Reisenden wegen meines durchnäßten Aussehens
mißtrauisch beäugt. Über Halle und Leipzig geht's zurück nach Dresden. |