Herbstdampf in Straßgräbchen-Bernsdorf

Der 25.10.1981, ein Sonntag, versprach, ein sonniger Tag zu werden. Nach einer Studentenfete am vorigen Samstag blieb mir indes nichts anderes übrig, als erst am späten Vormittag auf Bildersuche zu gehen. Da bot sich doch das nicht allzu weit entfernte Straßgräbchen-Bernsdorf an, wo die Kamenzer 52'er auch an Sonntagen unverdrossen Kies- und Kohlezüge beförderten. Daß dieser Zustand noch einige Jahre anhalten sollte, wer wußte das schon im Oktober 1981....

Und noch etwas spricht für Straßgräbchen-Bernsdorf: Man kann "standesgemäß" mit BR 52 dorthin reisen! So erreiche ich gerade so auf dem Dresdner Hbf den P 4856, welcher auch pünktlich um 11:30 Uhr den Bahnhof verläßt. Der "Straßengraben-Express" bringt mich über Dresden-Neustadt, Klotzsche, Ottendorf-Okrilla und Königsbrück nach Straßgräbchen-Bernsdorf, von Weixdorf bis Königsbrück sozusagen immer im Straßengraben der Fernstraße 97. Kurz nach 13:00 steige ich dort aus. Nebel! Und leicht verkatert! So ein Mist!

Mißmutig stapfe ich zum Südkopf des Bahnhofs und weiter an der Königsbrücker Strecke entlang, soll doch um 14:25 Uhr Ng 66215 nach Königsbrück ausfahren. Falsch! 52 8192 verläßt den Bahnhof, allerdings in Richtung Kamenz! Schnell zur anderen Strecke herübergerannt und die einzelne Lok am Bahnübergang Posten 277 aufgenommen, bevor sie in der Weite der Felder und später im Wald Richtung Hausdorf verschwindet.

Nach einiger Zeit des Wartens ist immer noch kein Nahgüter in Sicht. Dafür naht aus der anderen Richtung 52 8036 mit einem Betonteile-Ganzzug aus Ottendorf-Okrilla (oder Ng 66214 aus Königsbrück?) und bleibt am Einfahrsignal stehen. Keine Einfahrt, zuerst muß 52 8134 nach Kamenz ausfahren! Später dann springt das Einfahrsignal L auf Fahrt, der recht schwere Zug setzt sich zischend in Bewegung und die Dampflok entschwindet unter der altersschwachen Betonbrücke hindurch in den Bahnhof. Haben Sie es übrigens bemerkt? Die Sonne hat den Nebel durchdrungen! Meine Kopfschmerzen sind vergessen!

Es sieht nicht so aus, als ob der Zug sofort in Richtung Hohenbocka weiterfährt! Überholen wir ihn doch schnell und erwarten seine Ausfahrt in Richtung Norden. Aber da kommt zuerst etwas von dort: Langsam nähert sich 52 8072 mit Ng 66225 dem Einfahrsignal A, und kurz bevor er zum Halten kommt, erhält er Einfahrt! Bullernd durchfährt die Dampflok die hölzerne Fußgängerbrücke, wenig später rumpelt die lange Wagenschlange an mir vorbei, deren letze Wagen schon wieder mit quietschenden Bremsen. Dann steht die Fuhre, gerade so hinter dem Bahnübergang, dessen Schranken sich bimmelnd heben.

Da am nördlichen Bahnhofskopf keine Dampflok mehr auszumachen ist, wandere ich wieder nach Süden. Vielleicht erreiche ich ja noch die Ausfahrt von Ng 66215 nach Königsbrück oder die Weiterfahrt des Ng 66225 nach Kamenz? Na, zuerst dampft 52 8130 auf Arbeitssuche in Richtung Königsbrück, der Sonne entgegen! Langsam komme ich zum Schluß, daß sich der Tag doch gelohnt hat, oder?

So recht scheint sich das Warten hier in der tiefen Sonne nicht zu lohnen. Nur Lz-Fahrten sind bis zum Sonnenuntergang auszumachen! 52 8010 dampft von Schwepnitz aus heran, auch der erhoffte Ng 66225 nach Kamenz bleibt aus, stattdessen verläßt 52 8072 als Lz den Bhanhof in diese Richtung, aufgenommen wiederum am Posten 277.

Nur Warten am Bahnhofskopf ist nicht so meine Sache. So wandere ich ein Stück bis zum Kilometer 148,2 (Zählung vom Görlitzer Bf in Berlin, Eisenbahnbaron Bethel Henry Strousberg sei Dank!) an der Kamenzer Strecke entlang und warte dort auf die Dinge, die da kommen sollen. Wieder nur eine Lz: 52 8013 nähert sich mit Tender voran schwankend auf den ausgeleierten Gleisen. Aufmerksam beobachtet das Lokpersonal die Strecke, das Sichtfester des Norweger-Führerhauses wird angesichts der milden Witterung nicht genutzt, man läßt sich den Fahrtwind um die Ohren blasen.

Und noch eine Lz-Fahrt! 52 8134 kehrt aus Kamenz zurück, eine V 100 im Schlepp, aufgenommen wiederum am Posten 277. Kurz darauf naht auch aus Ottendorf-Okrilla der tägliche Betonteile-Ganzzug für das Wohnungsbauprogramm der Hauptstadt, eine unerkannt gebliebene 52'er zieht eine endlose Wagenschlange nach Straßgräbchen-Bernsdorf hinein.

Aber nun dampft es am Nordkopf! Bimmelnd schließen sich die Schranken, die Rauchwolke von 52 8036 wird intensiver, ein langanhaltender Pfiff durchdringt die abendliche Stille, erste Auspuffschläge dröhnen in den Himmel und langsam setzt sich der recht schwere Zug (Ng 66224 nach Senftenberg?) in Bewegung. Gerade reicht das Tageslicht noch für akzeptable Aufnahmen, verbunden mit einem Augen- und Ohrenschmaus!

Ein letztes Mal wandere ich nochmals zur Schwepnitzer Strecke. Eine unerkannt gebliebene Senftenberger 120'er brummt bald darauf heran (Auch Dieselloks fahren hier nur Lz), gefolgt von der aus Ottendorf-Okrilla mit einem weiteren Betonteile-Ganzzug zurückkehrenden 52 8130. Nun wird es für bewegte Bilder zu dunkel, so kehre ich zum Bahnhof zurück.

Einige Minuten habe ich noch bis zur Abfahrt des letzten Personenzuges nach Dresden (P 4867) um 17:56 Uhr. Leider ist der Bahnhof mit seinen hohen Halogenlampen nur bedingt für Nachtbilder geeignet. Aber bei der neben 52 8130 wartenden 105 105 kann ich dann doch nicht widerstehen. Aber nun naht die Abfahrtszeit meines Personenzuges, welcher mich in knapp zweistündiger Fahrzeit wieder zurück nach Dresden Hbf schaukelt. Ein bißchen vorschlafen, denn am nächsten Tag wartet dann wieder das Studium....